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20. Juni 1953 (Samstag) - Teil 1

In der Reihe "Namhafte Persönlichkeiten von Wissenschaft und Kunst verurteilen schärfstens die provokatorischen Ausschreitungen" tritt heute Kurt Barthel ("Kuba"), Schriftsteller und Mitglied des SED-Zentralkomitees, mit einer Beschimpfung der Bauarbeiter im "Neuen Deutschland" auf. Sie hätten keinen Grund zum Kämpfen gehabt, sich vielmehr vom West-Gesindel verführen lassen; alle berechtigten Ursachen seien am Vorabend vom "Tischler Walter Ulbricht" beseitigt worden. "Schämt ihr euch auch so, wie ich mich schäme? Da werdet ihr sehr viel und sehr gut mauern und künftig sehr klug handeln müssen, ehe euch diese Schmach vergessen wird." Barthels letzter Satz: "Zerstörte Häuser reparieren, das ist leicht. Zerstörtes Vertrauen wieder aufrichten ist sehr, sehr schwer" animiert Bertolt Brecht zu seinem Gedicht: "Die Lösung":

"Nach dem Aufstand des 17. Juni/ Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands/ In der Stalinallee Flugblätter verteilen/ Auf denen zu lesen war, daß das Volk Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe/ Und es nur durch verdoppelte Arbeit Zurückerobern könne. Wäre es da/ Nicht doch einfacher, die Regierung Löste das Volk auf und/ Wählte ein anderes?"
[Quelle: Berthold Brecht, Gesammelte Werke, Bd. 10, Frankfurt/Main 1967, S.1009.]

In Jena gibt die "Thüringische Landeszeitung" die standrechtliche Erschießung des Arbeiters Alfred Diener als einem der angeblich "aktivsten Organisatoren von Provokationen und Unruhen" am 17. Juni 1953 bekannt. Gemeinsam mit Walter Scheler und Herbert Bähnisch hatte Alfred Diener dem SED-Parteisekretär Merx im Gebäude der SED-Kreisleitung am Holzmarkt die Forderungen der Arbeiter übermittelt: freie Wahlen und die Einheit Deutschlands. Alle drei wurden verhaftet, in einer sowjetischen Kaserne verhört und geschlagen. Auf dem Weg zum SMAD-Gericht in Weimar, erinnert sich Walter Scheler, sagte Alfred Diener zu den beiden: "Haltet dicht. Ich nehme alles auf mich." Diener wurde erschossen, Scheler und Bähnisch erhielten langjährige Zuchthausstrafen. Alle drei wurden von der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation Anfang der 90er Jahre rehabilitiert.

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