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7. Juni 1953 (Sonntag)

Am Morgen tagt das Sekretariat der SED-Bezirksleitung Berlin. Die Politbüromitglieder Hans Jendretzky und Friedrich Ebert berichten über die letzten beiden Sitzungen der SED-Spitze. Nach den Erinnerungen des damaligen Mitgliedes der SED-Bezirksleitung, Heinz Brandt, beschreibt Jendretzky dabei mit sichtlichem Behagen die Wirkungen der Kritik Semjonows auf Walter Ulbricht. Über die Anspielungen Jendretzkys gegen Ulbricht ist Friedrich Ebert erbost. Wütend verlässt er die Sitzung und erklärt, dass er Walter Ulbricht "von den merkwürdigen Vorgängen im Berliner Sekretariat" unterrichten werde.

In Ostberlin geht eine zweitägige landwirtschaftliche Konferenz zu Ende, die vom SED-Zentralkomitee und dem Landwirtschaftsministerium veranstaltet wurde. Ausgesuchte Genossenschaftsbauern und vorbildliche Einzelbauern, Traktoristen der MTS und Landarbeiter von volkseigenen Gütern diskutieren über die durch die Kollektivierung entstandenen Probleme. Ein Schwerpunkt ist die Massenflucht der Landbevölkerung und die dadurch entstandene kritische Lage auf dem Lande. Zudem kommen die erdrückenden Ablieferungs- und Steuerforderungen für die Einzelbauern zur Sprache. Es wird gefordert, dass ab sofort "keine Verhaftungen wegen Ablieferungs- oder Steuerrückständen erfolgen und die Gerichtsurteile, die gegen Bauern gefällt wurden, überprüft werden." Regierung und ZK signalisieren, in Hinblick auf die kommende Ernteeinbringung, ihre Bereitschaft einzulenken.

Über die landwirtschaftliche Konferenz des ZK der SED, Tägliche Rundschau, 7.6.1953

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Die im November 1952 gegründete Gesamtdeutsche Volkspartei (GVP) fordert auf ihrem ersten Parteitag in Essen freie Wahlen in ganz Deutschland unter Kontrolle der vier Besatzungsmächte sowie die Neutralisierung Deutschlands. Die GVP wurde vom ehemaligen Bundesinnenminister Gustav Heinemann gegründet, der aus Protest gegen die Wiederbewaffnungspläne 1950 von seinem Amt zurücktrat und 1952 schließlich auch die CDU verließ. Zeitgleich hält der Bund der Deutschen seinen 1. Bundeskongress ab. An der Spitze des Bundes steht der frühere Zentrumspolitiker und Reichskanzler Dr. Joseph Wirth. Der Bund gilt als Sammelbecken linksliberaler und auch kommunistisch orientierter Kräfte in der Bundesrepublik. Vom Bund der Deutschen wird die Zusammenarbeit mit dem Osten nicht nur bejaht, sondern angesichts der drohenden Zerreißung Deutschlands wird sie für unbedingt notwendig angesehen.

Pressestimmen West:

Der in Berlin erscheinende "Telegraf" weist darauf hin, dass "Italien wählt": "Beide Oppositionsblocks haben in ihrer Propaganda gegen die Regierungskoalition besonders die NATO- und Europapolitik der Regierung kritisiert. Die Regierung operierte im wesentlichen mit dem Hinweis auf das, was auf dem Gebiet der Wirtschaft und des Wiederaufbaus erreicht worden sei. Gerade das aber erscheint dem Arbeiter im Norden und der besitzlosen Landbevölkerung im Süden als ausgesprochen mager. [...] Von dieser Entscheidung des italienischen Volkes aber wird es abhängen, ob die europäische und atlantische Politik Roms fortgesetzt wird."

Pressestimmen Ost:

Anläßlich der Tagung der Intelligenz am 27. Mai geht das "Neue Deutschland" auf "Unsere Aufgaben gegenüber der Intelligenz" ein: "Die Partei kann die Führung unter der Intelligenz nur erringen, indem sie im freien Meinungskampf die Prinzipien der Wissenschaftlichkeit und des Schöpferischen in der Kunst verteidigt. Aber die Entfaltung dieses offenen Meinungskampfes wird gerade gehemmt durch Tendenzen intelligenzfeindlichen Charakters. Keiner der Angehörigen der alten Intelligenz wird bestreiten wollen, daß die schöpferische Entwicklung von Kunst und Wissenschaft unmöglich ist ohne die Entfaltung eines offenen Meinungskampfes. Im Gegenteil, gerade auch sie haben ein Interesse an diesem Kampf. Die Partei erwartet von allen ihren wissenschaftlich und künstlerisch qualifizierten Mitgliedern, daß sie in diesem Meinungskampf vorangehen, daß sie verstehen, die entscheidenden Probleme im entscheidenden Moment aufzuwerfen und dabei wissenschaftlich unantastbar die Prinzipien des Marxismus-Leninismus zu verfechten."







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