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11. Juni 1953 (Donnerstag)

Am Morgen berichten Rundfunk und Presse der DDR über das am 9. Juni beschlossene und von Rudolf Herrnstadt verfasste Kommuniqué des Politbüros der SED. Dem Ministerrat werden Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenshaltung und Stärkung der Rechtssicherheit empfohlen. Das Politbüro gesteht ein, dass "in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern begangen wurden". Die Interessen der Einzelbauern, Einzelhändler, Handwerker, Intelligenz und der Kirche seien vernachlässigt und sträflich missachtet worden. Eine Folge dieser fehlerhaften Politik sei, so das Politbüro, "dass zahlreiche Personen die Republik verlassen haben." Die begangenen Fehler sollen umgehend korrigiert und die Lebenshaltung der Bevölkerung spürbar verbessert werden.

Kommuniqué des Politbüro der SED

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Der DDR-Ministerrat folgt an diesem Tag den "Empfehlungen" des SED-Politbüros und fasst folgende Beschlüsse: Aufhebung der Beschränkungen für die Ausgabe von Lebensmittelkarten, umfangreiche Preissenkungen, die Aussetzung der Zwangsmaßnahmen bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die Rückgabe von zwangsweise enteigneten Privatbetrieben und Bauernhöfen auf Antrag sowie die Wiedereinführung der Fahrpreisermäßigungen bei Arbeiterrückfahrkarten. Zudem erhalten zurückkehrende Republikflüchtige ihre vollen Bürgerrechte zurück; ihnen wird umfassende Unterstützung bei der Wiedereingliederung in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zugesichert. Reisen von DDR-Bürgern nach dem Westen sollen erleichtert werden. Es wird ferner angeordnet, dass alle Verhaftungen, Strafverfahren und Urteile, die im Zusammenhang mit dem Gesetz zum Schutz des Volkseigentums vorgenommen wurden, überprüft und Entlassungen vorgenommen werden. Der Ministerrat stimmt darüber hinaus den von Otto Grotewohl ausgehandelten Vereinbarungen mit der Kirche zu.

Die Beschlüsse des Ministerrats werden am 12. Juni in der DDR-Presse veröffentlicht.

Beschlüsse des DDR-Ministerrats vom 11.6.1953

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Über die Anwendung des Gesetzes zum Schutz der Volkswirtschaft noch wenige Tage zuvor berichtet Walter Hans, damals Maschinenbaustudent in Leipzig, am Beispiel eines angeblichen Bockwurstdiebstahls.

Zeitzeugen-Bericht von Walter Hans

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In der DDR finden die Zeitungen (Ostberlin-Ausgaben), die das Kommuniqué des Politbüros - die Empfehlungen an den Ministerrat - veröffentlichen, reissenden Absatz. Später wird bekannt, dass für die Berliner Ausgabe des Neuen Deutschland bis zu fünf Ostmark gezahlt worden sind. Beim SED-Zentralkomitee treffen bald die ersten Stimmungsberichte über die Wirkungen der angekündigten Maßnahmen in der Bevölkerung ein. Die Reaktionen reichen von Euphorie über Schadenfreude bis hin zu Verständnislosigkeit. Besonders Parteifunktionäre und Parteimitglieder fühlen sich vor den Kopf gestoßen, da nun vieles für falsch erklärt worden ist, was sie vor Ort vertreten und umgesetzt haben.

In Westberlin kommt es zu erregten Diskussionen, weil das sowjetische Panzerdenkmal auf der Potsdamer Chaussee im amerikanischen Sektor renoviert wird. Der amerikanische Stadtkommandant hat hierfür die Erlaubnis gegeben; eine Ostberliner Baufirma ist mit der Durchführung der Arbeiten betraut. Der Bürgermeister von Zehlendorf legt dagegen entschiedenen Protest ein; der Westberliner Senat gibt gegenüber den Alliierten sein "Befremden" kund.

Renovierung des sowjetischen Panzerdenkmals, 11.6.1953 (RIAS Berlin)

Mp3-File O-Ton (mp3)


Pressestimmen West:

"Zu wenig aktiv" sieht der Bonner Korrespondent des Berliner "Telegraf" die außenpolitische Debatte im Bundestag: "Die ohne Gegenstimmen angenommene Resolution über die Ziele der deutschen Außenpolitik kann nicht als erfreulicher Abschluß einer unerfreulichen Diskussion angesehen werden. Die Opposition hatte keine Veranlassung, die Entschließung abzulehnen, die nur eine Wiederholung vorher mehrfach gefaßter Resolutionen darstellt. Nach den bisherigen Erfahrungen gibt sie keine Garantie dafür, daß die Bundesregierung nun auch wirklich alles tut, um Vierergespräche mit dem Ziele der deutschen Wiedervereinigung herbeizuführen."

Pressestimmen Ost:

Das "Neue Deutschland" macht sich Gedanken "Über den Patriotismus unseres Volkes": "In der Deutschen Demokratischen Republik geht der Kampf aller Patrioten darum, das Leben der Werktätigen ständig zu verbessern, durch Steigerung der Arbeitsproduktivität die Produktion von Industrie und Landwirtschaft unablässig zu heben und eine mächtige Friedenswirtschaft zu schaffen, welche dem westdeutschen Teil Rückhalt und Ausblick gibt. In diesem Ringen steht die von Ausbeutung und Unterdrückung befreite Arbeiterklasse unter Führung der SED an der Spitze und vollbringt im patriotischen Wettbewerb heroische Arbeitstaten."





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