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Bezirk Gera

Am Morgen des 17. Juni 1953 machen sich in Gera Arbeiter aus den Großbetrieben in "langen Haufen", wie die Bezirksleitung der SED berichtet, auf den Weg. Sie ziehen zum Gefängnis der Stadt und entwaffnen kurzer Hand die Wachmannschaft. Im Verlauf des Vormittags gestalten sich die Ereignisse in Gera so turbulent, dass die Bezirksbehörde der Volkspolizei (BDVP) gegen Mittag bei der in Gera stationierten Waffentechnischen Schule der Kasernierten Volkspolizei (KVP) um weitere Unterstützung bitten muss. Darauf hin werden die Absolventen der Waffentechnischen Schule in das Stadtzentrum geschickt und zwar unbewaffnet, weil sie durch das Tragen von Waffen die Stimmung nicht noch weiter anheizen sollen. Bei ihrem Eintreffen fordert die demonstrierende Bevölkerung die Polizisten auf, sich mit ihnen zu solidarisieren. Die Polizisten ignorieren die Aufforderung und es kommt zu handgreiflichen Auseinandersetzungen, bei denen einige der Polizisten verletzt und gewaltsam ihrer Uniformen entledigt werden. In dieser Situation greift sowjetisches Militär in das Geschehen ein und treibt die Demonstration auseinander.

Eine neuerliche Wendung nehmen die Ereignisse am Nachmittag, als etwa 200 bis 300 Wismut-Kumpel mit schätzungsweise 40-50 Bussen und Lastkraftwagen in Gera eintreffen. Auf Transparenten fordern sie den Sturz der Regierung. Unter dem Beifall der Bevölkerung fahren die zum Teil bewaffneten Kumpel zu den Gebäuden der Staatssicherheit, der FDJ und SED. Das sowjetische Militär blockiert jedoch die wichtigsten Straßen im Stadtzentrum und kann so die Wirkung der Fahrzeugdemonstration abschwächen. Schließlich ziehen die Wismut-Kumpel mit ihren Fahrzeugen wieder aus Gera ab und fahren nach Weida. Dort liefern sie sich mit Kräften der Kasernierten Volkspolizei ein regelrechtes Feuergefecht, bei dem es auf beiden Seiten Verwundete gibt. Der Einsatz sowjetischer Truppen beendet die Auseinandersetzungen.

Weitere Schwerpunkte des Aufstandes im Bezirk sind Greiz, Ronneburg und vor allem Jena. Über die Ereignisse in Jena meldet die SED-Bezirksleitung am Mittag des 17. Juni nach Berlin: "Kreisleitung Jena (SED) ist gestürmt, ebenfalls das Gefängnis in Jena. Auch die Gebäude der Staatssicherheit." Der Ausgangspunkt des Aufstandes in Jena sind die Zeiss-Werke. Dort wird am frühen Vormittag die Arbeit niedergelegt und ein Demonstrationszug gebildet, der auf seinem Weg in das Stadtinnere schnell größer wird. Gegen Mittag versammeln sich im Zentrum zwischen 10 000 und 20 000 Menschen. Demonstranten erstürmen Gebäude und befreien Gefangene. Der Chef der Staatssicherheit sowie Mitarbeiter der SED-Kreisleitung werden dabei verletzt und müssen ins Krankenhaus gebracht werden. Nach der Verhängung des Ausnahmezustandes greift auch in Jena gegen 16.00 Uhr das sowjetische Militär ein. Die Präsenz der Besatzungsmacht verhindert jedoch nicht, dass weiterhin größere Demonstrationsgruppen durch die Innenstadt ziehen und zu weiteren Aktionen in der Nacht aufrufen.

BDVP Gera, Bericht über den Verlauf der Provokationen im Bezirk Gera, Gera, 29.6.1953

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BDVP (BS) Siegmar-Schönau, Auswertung der Ereignisse seit dem 16.6.1953, Karl-Marx-Stadt, 6.7.1953

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Telefonische Meldungen und Durchsagen der SED im Bezirk Gera am 17. Juni 1953 an das ZK der SED (Auszüge)

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[Quellen: Tagesmeldungen zwischen dem 17. und 20.6.53, in: SAPMO-BArch, NY 4062, Signatur 94, Blatt 345-385; siehe auch: Diedrich 1991; Beier 1993; zu Gera: Selzer 1992; zu Jena: Döbert 1996; Karmrodt 1997; Koop 2003.]

 









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