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Tote des 17. Juni 1953
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Johann Waldbach

29.2.1920 – 17.6.1953
gest. zwischen 10.00 und 12.00 Uhr auf dem Gelände der Untersuchungshaftanstalt des MfS


Johann Waldbach wird am 29. Februar 1920 in Reinschdorf, Kreis Cosel (Oberschlesien), geboren, er besucht die Volksschule und erlernt einen kaufmännischen Beruf. 1939 wird er zur Wehrmacht eingezogen und gerät 1944 in Gefangenschaft (1): "In sowjetischer Kriegsgefangenschaft studierte er den Marxismus-Leninismus." (2) Nach vorzeitiger Entlassung am 17. November 1949 stellt er sich dem MfS zur Verfügung und ist von August 1952 "als Genosse und Wachschichtleiter im Wach- und Sicherheitsdienst" der Bezirksverwaltung des MfS in Magdeburg tätig. (3) Er ist verheiratet und hat einen Sohn.

Am 17. Juni 1953 ist er Oberfeldwebel des MfS Magdeburg, als solcher tut er Dienst beim Sicherungspersonal in der Haftanstalt Sudenburg. Beim Versuch der Demonstranten, die politischen Häftlinge zu befreien, werden die Postentürme gestürmt und Wachposten entwaffnet. Mit den eroberten Karabinern schießen Aufständische in den Gefängnishof, aber auch MfS-Angestellte und Volkspolizisten schießen. Im Blitzfernschreiben an den Operativstab der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BDVP) wird gemeldet: "An einem ca. 40 Meter neben dem Haupttor gelegenen kleineren Tor versuchten ebenfalls die Demonstranten in die Haftanstalt einzudringen. Hierbei schoss einer der Provokateure mit einem Karabiner durch eine Lücke im Tor, die durch die Gewaltanwendung entstanden war, einen dahinterstehenden Angehörigen des MfS nieder." (4)

An anderer Stelle findet sich diese Version: "Der Genosse vom MfS schaute (durch) den Spion an der Tür, worauf dann von den Provokateuren ein wohlgezielter Schuss den Genossen durch Kopfschuss traf." (5) Wieder ein anderer polizeilicher Augenzeuge berichtet: "Der Oberfeldwebel Hans Waldbach vom MfS ( . . . ) versuchte durch Warnschüsse das Eindringen zu verhindern. In dem Augenblick, als er durch einen schmalen Spalt der Tür schießen wollte, wurde er von einem Provokateur durch einen Karabinerschuss in den Kopf erschossen." (6)

Wer der Schütze war, kann nicht ermittelt werden (7). Posthum wird Hans Waldbach ab 1. Juni zum Unterleutnant befördert. (8) Die Beerdigung findet am 23. Juni auf dem Südfriedhof in Magdeburg statt. (9) In der Grabrede des 1. Sekretärs der SED-Kreisleitung, Genossen Kießling, heißt es: "Und so werden wir, und das sei unser Gelöbnis, diesen gerechten Kampf weiterführen, werden uns in diesem Kampf bewähren und werden uns Deinen Mut und Deinen Kampfesgeist zum Vorbild nehmen. Wir werden mit unversöhnlichem Haß die Gegner des Friedens bekämpfen und uns keine Ruhe gönnen, die Mörder aufzuspüren, um sie zu vernichten." (10)

"Sein Familienleben war das denkbar beste, und sein ganzes Glück waren seine Frau und sein Söhnchen", heißt es im Nachruf der "Volksstimme" vom 26. Juni 1953: "Seinen Dienst führte er gewissenhaft durch, und seine Kameraden lernten in ihm einen offenen, ernsten, aufrechten Menschen schätzen. Seiner Gesinnung und seiner Liebe zum Vaterland blieb er bis zur letzten Stunde treu."

Der Stadtrat von Magdeburg beschließt am 23. Juni 1954 auf Antrag des Staatssekretariats für Staatssicherheit, am 1. Juli, dem "Tag der Volkspolizei", eine Magdeburger Straße nach Hans Waldbach zu benennen. Sie heißt heute wieder wie ehedem "Schäfferstraße".

1983 übergibt der Leiter der Bezirksverwaltung Magdeburg des MfS, Wilfried Müller, in der Abteilung XIV der Untersuchungshaftanstalt, die sich jetzt in dem 1953 gestürmten Gefängnis am Moritzplatz befindet, eine "Hans-Waldbach-Ecke". Zweimal jährlich wird fortan ein Tischwimpel mit dem Aufdruck "Hans Waldbach unser Vorbild" und "Für sehr gute Leistungen im Sicherungs- und Kontrolldienst" für das beste Kollektiv des MfS als Auszeichnung verliehen.

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1 "Zerschlagung konterrevolutionärer Angriffe auf die Haftanstalt des MfS der BV Magdeburg am 17. Juni 1953", in: BStU, Ast. Magdeburg, Abt. XIV, Nr. 4, Bl. 8.
2 Nachruf, in: Magdeburger Volksstimme, 29.6.1953.
3 BStU, Ast. Magdeburg, Abt. XIV, Nr. 4, Bl. 3.
4 Blitzfernschreiben der BDVP Magdeburg, Operativstab, vom 18.6.1953 an die HVDVP, Operativstab, in: LHASA, Abt. Magdeburg, Rep. M24 1952-1960, Nr. 180, Bl. 29.
5 VPKA Magdeburg/Operativstab, Zusammenfassender Bericht über Provokationen und Störungen der öffentlichen Ordnung durch faschistische Agenten, 18.6.1953, in: LHASA, Abt. Magdeburg, Rep. M24 1952-1960, Nr. 181, Bl. 69.
6 Bericht der BDVP Magdeburg vom 24.6.1953, in: LHASA, Abt. Magdeburg, Rep. M24 1952-1960, Nr. 179, Bl. 66.
7 Die Sterbefallanzeige wurde von der BDVP Magdeburg am 19.6.1953 getätigt.
8 Die Sterbefallanzeige wurde von der BDVP Magdeburg am 19.6.1953 getätigt.
9 Die Sterbefallanzeige wurde von der BDVP Magdeburg am 19.6.1953 getätigt.
10 BStU, Ast. Magdeburg, Abt. XIV, Nr. 4, Bl. 4.


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