Hans-Hermann Hertle
Fünf Wochen im Sommer 1953: Der FDGB und der 17. Juni 19531


"Der Putschversuch der faschistischen Elemente am 17.6.1953 brach für die gesamte Organisation des FDGB im Bezirk Leipzig überraschend aus. Auch heute noch steht bei vielen Funktionären die Frage offen, warum vom Bundesvorstand bzw. von der Bezirksleitung der SED keinerlei Informationen gegeben wurden und die sich schon am 16.6.1953 in Berlin entwickelnden Ereignisse nicht signalisiert wurden. Wir können auch keinesfalls der Meinung des Kollegen Rudi Kirchner - Bundesvorstand des FDGB - beipflichten, der in Leipzig gegenüber dem Kollegen Stein erklärte, in einer solchen Situation muß man einmal den RIAS hören."2 Die Überraschung des Leipziger FDGB-Bezirksvorstandes war echt, und seine Haltung zugleich für sein politisches Selbstverständnis aufschlußreich. Fernab von den Interessen und der Stimmung der Leipziger Gewerkschaftsmitglieder wartete er auf eine Information und Anweisungen von der Partei und der FDGB-Zentrale.

Mit gewerkschaftlicher Tätigkeit im traditionellen Sinne hatte deren Wirken nicht einmal mehr entfernt zu tun, wie die Festsetzung der Hauptaufgaben im Arbeitsplan des Sekretariats des FDGB-Bundesvorstandes für das zweite Halbjahr 1953 offenbarte:

"Auf der Grundlage der Lehren des XIX. Parteitages der KPdSU ergeben sich zur weiteren Durchführung des Beschlusses der 10. Bundesvorstandssitzung des FDGB für den Arbeitsplan des Sekretariats des Bundesvorstandes des zweiten Quartals 1953 folgende Hauptaufgaben:
  1. Weitere Festigung des FDGB, insbesondere durch die Durchführung des Karl-Marx-Jahres, der Entfaltung der ideologischen Diskussion (...)
  2. Entfaltung einer breiten Massenbewegung gegen die Durchführung der Bonner und Pariser Kriegsverträge, gegen die wachsende Verelendung und Faschisierung in Westdeutschland (...)
  3. a) Durchführung des Feldzuges für strenge Sparsamkeit, besonders durch die Entfaltung der Bewegung für höhere technische Normen und ihre Erfüllung.
    b) Organisierung des sozialistischen Wettbewerbs vor allem in der Grundstoffindustrie.
    c) Beschleunigter Abschluß der Betriebskollektivverträge und Organisierung des Kampfes um die Erfüllung.
  4. a) Kampf um die Erfüllung der Betriebskollektivverträge und damit des Volkswirtschaftsplanes auf dem Gebiete der Landwirtschaft.
    b) Kampf um die Erfüllung der Betriebs- und Arbeitsschutzvereinbarungen und konsequente Einhaltung des Landarbeiterschutzgesetzes.
  5. Planmäßiges Studium und Anwendung der Lehren der sowjetischen Wissenschaft und Kunst."3
Das innergewerkschaftliche Leben war im Vor-Juni 1953 weitgehend erstorben. Die hohe Fluktuation bei den Gewerkschaftswahlen Anfang 1953 konnte als Desinteresse der aktiven ehrenamtlichen Funktionäre an der Fortsetzung ihrer Gewerkschaftsarbeit verstanden werden: 71,4 Prozent der Gewählten übernahmen die Funktion zum ersten Mal. Für die Partei und die ideologische Festigkeit des Funktionärskörpers in ihrem Sinne sprach auch nicht, daß 80 Prozent aller Mandatsträger sogar in den FDGB-Leitungen parteilos waren. Spätere Untersuchungen ergaben zudem, daß die Gewerkschaftsorgane von unten bis oben häufig über längere Perioden als ein halbes Jahr keine Sitzungen abgehalten hatten.

So verwundert es kaum, daß sich das Sekretariat am Morgen des 16. Juni - als die Bauarbeiter in der Stalinallee voller Empörung über den FDGB nach der Lektüre des Artikels von Otto Lehmann in der "Tribüne" die Arbeit einstellten - mit so wichtigen Dingen wie der Entgegennahme eines Berichtes über "die Vorbereitungen zur Veranstaltung anläßlich des Geburtstages des Genossen Ulbricht" am 30. Juni befaßte. Die Ausarbeitung einer Glückwunsch-Adresse war zu beraten und ein angemessenes Geschenk auszuwählen - eine Erstausgabe des "Kapital" von Marx sollte es schließlich sein. Neben Ulbricht wurden zwei weitere Geburtstagskinder im Politbüro bedacht: Für Hermann Matern fiel ein Stalinbild, für Wilhelm Zaisser ein Wandgobelin ab. Das halbe Sekretariat war dergestalt mit Geburtstagsvorbereitungen vollauf beschäftigt. Eher beiläufig wurde zur Frage der Normen beschlossen, sich vom Kollegen Lehmann künftig "in jeder Sitzung einen kurzen Bericht über den Stand" geben zu lassen.

Erst auf der Präsidiumssitzung am 17. Juni selbst wirbelten die Ereignisse die vorgesehene Tagesordnung durcheinander.4 Streikanalysen von Bezirks- und Zentralvorständen der Industriegewerkschaften und Bezirksvorständen des FDGB hoben übereinstimmend die ungenügende Gewerkschaftsarbeit als wesentliche Ursache für die Protestaktionen hervor.5 "Wurde im vergangenen Jahr fast nicht in der Gewerkschaftsgruppe diskutiert", notierte beispielsweise der Zentralvorstand der Gewerkschaft Land und Forst am 23. Juni in einem "Teilbericht über die derzeitige Lage", "so wurde in diesem Jahr zwar die Diskussion zu einem großen Teil in den Gewerkschaftsgruppen geführt, doch beschränkte man sich auf Produktionsfragen". Darüber hätten die Gewerkschaftsleitungen die Sorge um den werktätigen Menschen vergessen. Die Funktionäre stellten sich nicht schützend vor die Arbeiter gegen die administrativen Anweisungen der Wirtschaftsverwaltungen. Eine große Anzahl von Betriebsgewerkschaftsleitungen betätigten sich als "Adjutanten der Betriebsleitungen", anstatt die Interessen der Arbeiter zu vertreten.6

Einen umfassenden Katalog typischer Forderungen, die zumeist auf Belegschaftsversammlungen in den bestreikten Betrieben erhoben wurden, listet eine Streikanalyse der IG Metallurgie auf:
  1. " Gesamte, freie Wahlen für ganz Deutschland.
  2. Einen sofortigen Friedensvertrag für ganz Deutschland.
  3. Abzug der Besatzungstruppen in ganz Deutschland.
  4. Presse- und Funkfreiheit.
  5. Strengste Bestrafung der Schuldigen, die diese Fehler verursachten.
  6. Preissenkung sämtlicher HO-Waren um 40 %.
  7. Mitbestimmungsrecht der Gewerkschaften beim ZK und der Regierung.
  8. Die in den Zuchthäusern unschuldig sitzen, sollen freigelassen werden.
  9. Die Zeitungen sollen über alle Geschehnisse in der DDR die Bevölkerung in Kenntnis setzen.
  10. Keine Repressalien gegenüber den Kollegen.
  11. Aufklärung über den Aufenthalt des Genossen Wilhelm Pieck und was er tut.
  12. Aufklärung über die Vermißten des letzten Krieges.
  13. Lohnkürzungen nicht nur bei den Arbeitern, sondern auch bei der Intelligenz.
  14. Wegfall der Klassenunterschiede zwischen Arbeiterschaft (Aktivisten, Helden der Arbeit usw.).
Weiterhin sind noch folgende Forderungen erhoben worden:
  1. Vertretung der Interessen der Werktätigen durch den FDGB und Verwirklichung derselben.
  2. Sofortige Erhöhung der Lohngruppen 1-4 um 10 bis 12 %.
  3. Verteilung der 40stündigen Arbeitszeit auf sechs Tage, freier Sonntag bzw. 50 % Sonntagszuschlag.
  4. Preis- und Qualitätsüberprüfung des Werkküchenessens.
  5. Höhere Renten für die Arbeitsinvaliden und Fürsorgeempfänger.
  6. Gesamtdeutsche Beratungen, Vier-Mächte-Konferenz und einen Friedensvertrag.
  7. Jeden Freitag Lohnzahlungen.
  8. Weiterbeschäftigung der ausgelernten Facharbeiter in ihrem Beruf.
  9. Waschtag für alle Frauen, die keine Männer haben, aber Kinder über 14 Jahre."7
Schnell folgte die Gewerkschaftsführung der Linie der Partei, erklärte den 17. Juni als den lange vorbereiteten Tag X des Westens und die politischen Forderungen zur faschistischen Provokation, ihren sozialen Teil dagegen, einschließlich des Kampfes gegen die Normenerhöhungen, für berechtigt und mit dem "neuen Kurs" der SED verträglich. Zur Vorbereitung von Belegschaftsversammlungen empfahl Herbert Warnke den Bezirksvorständen eine Doppelstrategie: Sie sollten einerseits der Aufklärung über den faschistischen Hintergrund des 17. und 18. Juni nicht ausweichen, andererseits aber eine volle Entfaltung der Kritik und Vorschläge der Basis zulassen: "Das ist die beste Vorbereitung der Bundesvorstandssitzung, die völlig im Zeichen dieses engen Kontaktes mit den Betrieben stehen muß." Selbstverständlich solle auch von den Fehlern der Gewerkschaften gesprochen werden, die in gutem Glauben an die Richtigkeit der politischen Linie die Fehler unterstützt haben. Der größte Fehler der Gewerkschaften aber sei "die Vernachlässigung der Vertretung der Interessen der Werktätigen" gewesen. Die Gewerkschaften sollten fortan zu "wirklichen Interessenvertretern" gemacht werden und "tatsächliche Demokratie" in ihren Organisationen einkehren lassen. Alles müsse dafür getan werden, die Tätigkeit der Industriegewerkschaften auf der ganzen Linie stark herauszustellen.8

Diese Neubestimmung der Gewerkschaftspolitik durch den FDGB-Vorsitzenden entsprach der von einigen Gewerkschaften bereits praktizierten Politik und wurde von den anderen Industriegewerkschaften gerne aufgegriffen, schien sie ihnen doch die Chance der Zurückgewinnung des verlorenen Vertrauens und neuer Profilierung zu bieten. Das hatten besonders jene Gewerkschaften nötig, die wie die IG Bau/Holz und die IG Metall die massivsten Einbrüche in den Streiktagen hatten hinnehmen müssen. Indem der neue Gewerkschaftskurs die Belegschaften von den politischen Forderungen, deren Realisierung durch die Anwesenheit sowjetischer Panzer für alle sichtbar blockiert war, ablenkte und auf die Schiene sozialer und sozialpolitischer Forderungen schob, konnte diese Neuorientierung zugleich als durchaus systemkonformer Beitrag zur Entdramatisierung und Kanalisierung der Proteste dienen - auch wenn er so nicht von Anfang an gedacht war, sondern eine Eigendynamik entwickelte.

Da war zunächst die IG Metall. Ihre Metallarbeiter waren in der ganzen Republik - mit Ausnahme der Bezirke Suhl, Karl-Marx-Stadt, Neubrandenburg und Schwerin - massenhaft an Streiks und Demonstrationen beteiligt; in zahlreichen Bezirken - so in Gera, Magdeburg, Rostock und Dresden - begannen die Arbeitsniederlegungen in Metallbetrieben und wurden von dort auf weitere Fabriken übertragen. An Streiks im Organisationsbereich der IG Metall beteiligten sich mit 383 von 2918 zwar nur 13,1 % aller erfaßten Betriebe. Darin waren aber 332.652 von insgesamt 807.483 Beschäftigten tätig; mit 274.725 legte ein Drittel der Metallarbeiter die Arbeit nieder. In Berlin ließen sogar 71 % der Metaller die Räder stillstehen.9

Schon am 22. Juni zog der Geschäftsführende Vorsitzende der IG Metall, Hans Schmidt, daraus die Konsequenz, die Bezirksvorsitzenden aufzufordern, nach der Zurückschlagung des faschistischen Angriffs die IG Metall als "selbständiges Organ" zu stärken: "Die letzten Tage und auch die nächsten Wochen sind ein harter Prüfstein für unsere Organisation. Hier wird sich zeigen, ob wir als Leitungen unserer Industriegewerkschaft zu wirklichen Interessenvertretern unserer Mitglieder werden. Es kommt darauf an, daß wir uns enger um den Zentralvorstand der Industriegewerkschaft scharen, daß wir konsequenter als bisher für die Interessen unserer Arbeiter eintreten."10 Die Erklärung des ZK der SED vom 22. Juni sei die Richtlinie für die weitere Arbeit. Auf ihrer Grundlage ergäben sich, so Schmidt, fünf Aufgaben:
  1. Die strikte Kontrolle über die Anwendung der Regierungseinflüsse in den Betrieben.
  2. Die sofortige Inangriffnahme und Abstellung der seit längerem kritisierten Mißstände in den Betrieben durch Vorstände der BGL an die Werkleitung. Es gibt auch Mißstände, die man betrieblich nicht klären kann, zum Beispiel der An- und Abtransport der Arbeiter durch die Reichsbahn. Solche Dinge muß der Gebietsvorstand klären oder der Bezirksvorstand. Dinge, die über den lokalen Rahmen hinausgehen, sind dem Zentralvorstand zu unterbreiten, zwecks Beratung mit den entsprechenden Fachministerien.
  3. Es kommt darauf an, in den Gewerkschaftsgruppen, in den Abteilungen und vor dem Gewerkschaftsaktiv Beratungen und Versammlungen über die Erklärung des ZK zu organisieren und durchzuführen.
  4. Produktionsberatungen müssen unverzüglich wieder eingeführt werden, da sie ein entscheidendes Mittel zur Aufdeckung der Mißstände in der Arbeitsorganisation sind.
  5. Wir lenken die Aufmerksamkeit auf die Beitragskassierung unserer Mitglieder. Der Klassengegner versuchte einen Anschlag auf unsere Organisation dahingehend zu organisieren, indem er zur Nichtzahlung von Beiträgen aufrief. Man muß den Arbeitern aufzeigen, wenn die RIAS solche Parolen ausgibt, daß sie keineswegs im Interesse der Arbeiterschaft liegt, sondern nur im Sinne gewerkschaftsfeindlicher Monopolisten."11
Wirklicher Interessenvertreter - das wollte auch die IG Bau/Holz werden, deren Mitglieder ausgehend von Berlin und den Großbaustellen republikweit gegen die Normenerhöhungen angegangen waren und vielerorts als Initiatoren die Beschäftigten anderer Industriezweige und Betriebe am 17. und 18. Juni mitrissen. Auch die IG Bau/Holz kritisierte, daß in der Vergangenheit die Betriebsgewerkschaftsleitungen zu "Befehlsempfängern der Betriebsleitungen" geworden seien und benannten den Funktions- und Legitimationsverlust der Gewerkschaften als zentralen Fehler der Vergangenheit:

"In der Tätigkeit der BGL wirkte sich sehr ungünstig aus, daß vielfach zwischen ihnen und den betrieblichen Parteiorganisationen ein Dualismus stand. Die Parteileitungen bedienten sich nicht der Gewerkschaftsorgane als Transmissionsriemen zu den Belegschaften, sondern versuchten, ohne Hinzuziehung der betrieblichen Gewerkschaftsorgane die produktions- und sozialpolitischen Aufgaben zu lösen.

Das führte zu zwei Schwächen der gewerkschaftlichen Gesamtarbeit. Die BGL gaben sich verschiedentlich mit dieser Rolle kritiklos zufrieden und wurden damit von den Belegschaften nicht mehr als ihr Organ für die Interessenvertretung anerkannt. Der fortschrittliche Teil der Belegschaft beachtete nur die Arbeit der Partei und gab damit den betrieblichen Gewerkschaftsleitungen innerhalb der Gesamtbelegschaft keine Unterstützung mehr. Ein anderer Teil BGL geriet durch diese Nichtbeachtung ihrer Tätigkeit in Widerspruch zur Linie der Partei und schwamm mit den unzufriedenen Strömungen der Gesamtbelegschaft gegen die politische Gesamtlinie mit."12

Eigenverantwortlichkeit und eine Selbständigkeit der Organisation, die auch die Mitglieder spürten, seien für die Zukunft anzustreben, "die Frage der Rolle des Präsidiums des Bundesvorstandes, das Verhältnis des Bundesvorstandes zu den Industriegewerkschaften und beiderseits zum ZK (muß) richtig geklärt und die Arbeitsmethode ordentlich festgelegt werden. Es kann nicht angehen, daß Instrukteure des Bundesvorstandes einfach zu den Zentralvorständen kommen, um an Sekretariatssitzungen teilzunehmen, Sekretariatsprotokolle einzusehen usw. bzw. den Sekretariaten der Zentralvorstände Aufgabenstellungen zu übertragen. (...) Die Gewerkschaften müssen auch in bezug auf die einzureichenden Vorschläge gegenüber dem Ministerrat, der Partei usw. mehr als bisher gehört und beachtet werden. Darin liegt auch die Bedeutung der Stärkung der Autorität. Es geht nicht an, daß man faktisch den Gewerkschaften vorher erst sagt, was sie vorschlagen sollen, sondern sie müssen aus Ihrer Entwicklung und Kenntnis heraus genügend Möglichkeiten haben, um das selbst zu tun."13

Als konkretes Ergebnis ihres neuen Selbstverständnisses beschloß das Sekretariat der IG Bau/Holz am 8. Juli 1953, "unter Berücksichtigung der Forderungen der Kollegen aus den Betrieben, der Diskussionen und der gegebenen Hinweise" ein Forderungsprogramm, das annähernd 20 Verbesserungen in bezug auf Löhne und Arbeitsbedingungen vorsah. Die wichtigsten Punkte dieses Programms waren:
  1. " Schluß zu machen mit der Unterschätzung der Bedeutung der Bauindustrie. Diese Unterschätzung fand ihren Ausdruck unter anderem in der bisherigen falschen Eingruppierung derselben darin, daß für diese Industrie ungenügende Investitionen hinsichtlich der technischen Ausrüstungen, aber auch hinsichtlich der sozialen und kulturellen Belange eingesetzt wurden.
  2. Eine Veränderung der bestehenden Lohnsätze in der Richtung vorzunehmen, daß die Bau- und Natursteinindustrie gemäß ihrer Bedeutung in der Wirtschaft unmittelbar an die Grundstoffindustrie angeschlossen wird. Dazu gehört auch eine bessere und klarere Eingruppierung der Berufe und einzelnen Arbeiterkategorien als bisher in die Lohngruppen."14 Das Sekretariat des Zentralvorstandes, das die Forderungen "zur Unterstützung der Durchführung der Maßnahmen unserer Regierung" aufgestellt habe, sei sich darüber im Klaren, heißt es abschließend, "daß die von ihm aufgestellten Forderungen nur dann verwirklicht werden können, wenn alle gewerkschaftlichen Organe vom Zentralvorstand bis zur letzten Gewerkschaftsgruppe an ihrer Verwirklichung mitarbeiten und alle Kollegen Bau-, Holz- und Steinarbeiter sich fest um ihre Organisation scharen."15
In den ersten beiden Juliwochen schien die Reform des FDGB konkretere Gestalt anzunehmen. Das Sekretariat des Bundesvorstandes verabschiedete nach einer ersten Diskussion am 3. Juli am 7. Juli drei programmatische Dokumente, die strukturelle Veränderungen im Verhältnis zwischen den Mitgliedern und Betriebsgewerkschaftsleitungen und zwischen der FDGB-Zentrale, den Industriegewerkschaften sowie den Beziehungen zwischen Staat, Partei und Gewerkschaften vorsahen.

Erstens: Die Wahlen zu den betrieblichen Leitungen der Gewerkschaften sollten nicht mehr durch Delegiertenkonferenzen, sondern durch direkte und geheime Stimmabgabe aller Gewerkschaftsmitglieder des Betriebes erfolgen. Weil sich die Bezeichnung "BGL" niemals den Arbeitern wirklich eingeprägt habe, sollte wieder auf den Namen "Betriebsrat" zurückgegriffen werden16.

Zweitens: "Die Industriegewerkschaften müssen sich rasch zu konsequenten allseitigen Vertretern der Arbeiterinteressen entwickeln. Ihre Verantwortung, Handlungsfreiheit und Autorität ist zu erhöhen. Sie müssen sich (...) aus dem Zustand, Anhängsel der Fachministerien zu sein, lösen", hieß es in einem als "Erklärung des Präsidiums" vorbereiteten Papier.17 Vor allem durch die Unterdrückung von Kritik und eine gefährliche Kluft zwischen den Gewerkschaftsleitungen und den Massen "entwickelte sich eine falsche Linie in der Gewerkschaftsarbeit"18. Im vier Tage zuvor beratenen ersten Entwurf dieser "Erklärung" war die falsche Linie noch genauer beschrieben:

"Sie (die Gewerkschaften, d. Verf.) ließen es zu, daß die Hauptfunktion der Gewerkschaften, die konsequente und allseitige Vertretung der Arbeiterinteressen, auf ein falsches, einseitiges Gleis geriet. Es war richtig, breit den Kampf um die Arbeitsproduktivität als Voraussetzung zum besseren Leben zu organisieren. Es war grundfalsch, dabei die konsequente Vertretung der materiellen, sozialen und kulturellen Interessen der Werktätigen zu vergessen. (...) Das alles war nur möglich, weil ein Großteil der Funktionäre und Gewerkschaftsleitungen die Verbindungen zu den Massen verloren hatte. An die Stelle der Arbeit mit den Menschen war vielerorts die Arbeit mit dem Papier getreten. Von den oberen Gewerkschaftsleitungen wurde zugelassen, daß an die Stelle einer breiten Arbeiterdemokratie und ihrer ständigen Entwicklung Formalismus, Diktieren und Administrieren trat. Leblose Versammlungen, Referate über große, internationale Politik traten anstelle lebendiger Aussprachen mit den Arbeitern über ihre Interessen, Sorgen und Nöte. Einexerzierte Diskussionsredner beherrschten oft das Bild der Gewerkschaftsversammlungen. Viele Gewerkschaftsleitungen maßten sich an, Resolutionen im Namen der Belegschaften zu verfassen, ohne daß dieselben etwas davon wußten. Die in den Satzungen der Gewerkschaften festgelegte Pflicht der Rechenschaftslegung wurde von vielen Gewerkschaftsleitungen mißachtet. Die freie Wahl der Leitungen wurde durch undemokratische Handlungsweise mancher übergeordneter Vorstände eingeengt und verletzt."19

Drittens: Einem vom Sekretariat für das Politbüro erstellten Entwurf einer Beschlußvorlage über "Die Erweiterung des Mitbestimmungsrechtes der Arbeiter und Angestellten und der Rechte der Gewerkschaften" zufolge sollte das Politbüro die Lösung von zwei Grundaufgaben beschließen:

  1. " Wiederherstellung eines richtigen, unserer demokratischen Ordnung entsprechenden Verhältnisses zwischen Staats-, Wirtschaft- und Gewerkschaftsorganen, wobei das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten und die Autorität und die Rechte der Gewerkschaften als selbständige Organisationen der Arbeiterklasse zu sichern und zu erweitern sind.
  2. Die Gewährleistung eines richtigen, kameradschaftlichen Verhältnisses zwischen der Partei und den Gewerkschaften, wie es der Würde unserer Partei und der Gewerkschaften entspricht."
Maßnahmen von Ministerien und Staatssekretariaten, die die wirtschaftlichen und kulturellen Interessen der Arbeiter, Angestellten und der Intelligenz berührten, sollten als Kernpunkt des Mitbestimmungsrechtes erst nach Zustimmung der Zentralvorstände der Industriegewerkschaften durchgeführt werden können. Ohne die führende und lenkende Rolle der Partei in Zweifel zu ziehen, sollte das Politbüro jeglichem Hineinkommandieren der Partei in die Gewerkschaft eine Absage erteilen:

"Es darf keine direkten Eingriffe von Parteiorganen in Angelegenheiten der Gewerkschaften geben, die die Entfaltung der Arbeiterdemokratie in den Gewerkschaften hindern. (...) Die Aufgaben jeder Gewerkschaftsleitung ergeben sich aus den Beschlüssen der zentralen Gewerkschaftsorgane, des Bundesvorstandes des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Zentralvorstände der Industriegewerkschaften. Es ist Pflicht aller Parteileitungen, den Gewerkschaftsfunktionären und Gewerkschaftsmitgliedern bei der Durchführung der Beschlüsse der gewählten Zentralen Gewerkschaftsleitungen zu helfen."20

Vom Umbauwillen jener Zeit und der Einsicht in die Notwendigkeit von Strukturveränderungen zeugt auch die Annahme zweier Sekretariatsvorlagen von Herbert Warnke. Die erste schlug der nächsten Bundesvorstandssitzung die Wahl einer Kommission für die Vorbereitung neuer Satzungen vor, dies mit der Begründung, daß die gewerkschaftlichen Aufgaben und die Interessenvertretungen mehr in den Vordergrund gerückt werden müßten.21 Die zweite sah die Bildung einer Angestelltenkommission beim Bundesvorstand des FDGB vor, weil die "jetzige Vertretung der Interessen der Angestellten, nachdem es keine Angestelltengewerkschaft mehr gibt, absolut ungenügend (ist). Allgemein werden die Angestellten-Fragen überhaupt nicht behandelt. Das führt dazu, daß die Lebenslage der Angestellten in mancher Beziehung keinen Fortschritt erreicht hat."22 Am 15. Juli hatte eine ganztägige Sitzung des Präsidiums stattgefunden, auf der der IG Bau/Holz-Vorsitzende Franz Jahn über die "Wechselbeziehungen zwischen FDGB und IG/Gew" referierte. In der Auswertung dieser Tagung auf der Präsidiumssitzung am 27. Juli wurden Prinzipien festgelegt, "deren Verwirklichung dazu beitragen soll, die Industriegewerkschaften zu den eigentlichen Trägern der Gewerkschaftsarbeit und zu wirklichen Vertretern der Interessen der Werktätigen in den einzelnen Wirtschaftszweigen zu machen".23

Zwar wurde die Kassierung der Beiträge insofern geändert, daß von 1954 an die Gewerkschaften einen bestimmten Prozentsatz an den Bundesvorstand abführen sollten (statt umgekehrt), und die Zentralvorstände erhielten das Recht, eigene Mitteilungsblätter und Schriften herauszugeben. Eine Umverteilung der Macht innerhalb der zentralistischen Strukturen des FDGB jedoch erfolgte nicht. "Selbständig und operativ" sollten die Industriegewerkschaften handeln - indem sie im Rahmen der zentralen Beschlüsse - von Bundesvorstand, Präsidium und Sekretariat - tätig wurden, wie die schriftliche Auswertung zweimal betont:

"Im Rahmen der Verwirklichung der Beschlüsse des Bundesvorstandes und seines Präsidiums tragen die einzelnen Industriegewerkschaften und Gewerkschaften die volle Verantwortung für die gesamte Gewerkschaftsarbeit ihrer Wirtschaftszweige. Ihnen obliegt die Aufgabe, diese zentralen Beschlüsse in konkreter Form selbständig und operativ durchzuführen. Sie haben im Rahmen der zentralen Beschlüsse ihre eigene Politik auf der Grundlage ihrer besonderen Probleme ihres Wirtschaftszweiges zu entwickeln und dürfen solche Aufgaben nicht auf den Apparat des FDGB abzuwälzen versuchen."24 Dieser ganze Passus, der die alten Macht- und Entscheidungsstrukturen konservierte, war in der ursprünglichen Vorlage Warnkes nicht enthalten.

So traten mit dem zeitlichen Abstand zu den Arbeiterprotesten die Beharrungskräfte wieder stärker hervor. Schon in einer "Kollegiumssitzung" im Ministerium für Arbeit am 11. Juli über Lohnerhöhungen wurden die Vorschläge der Partei zur Anhebung der unteren Lohngruppen und nicht die ausdifferenzierten Vorschläge der Gewerkschaften berücksichtigt. Im Hinblick auf das Forderungsprogramm der IG Bau/Holz und die Frage eines vom Sekretariat am 10. Juli beschlossenen, bezahlten Hausarbeitstages für alle weiblichen Arbeitskräfte, die einen eigenen Haushalt haben, wurde den Gewerkschaften "etwas mehr Zurückhaltung" nahegelegt, "da die Verwirklichung dieser Forderungen nicht in jedem Falle möglich sei. Bei der Formulierung dieser Forderungen muß dieser Gesichtspunkt mit berücksichtigt werden."25 Der Versuch einer "wirklichen Interessenvertretung" auf dem Gebiet der Lohnpolitik stieß so bereits nach wenigen Wochen an die Grenzen des alten Systems.

Gleich nach der 15. Tagung des Zentralkomitees beeilte sich das Präsidium des FDGB, "auf das schärfste den parteifeindlichen Anschlag der Gruppe Herrnstadt-Zaisser auf die Führung und Einheit der Partei" zu verurteilen.26 Die Auswertung dieser ZK-Tagung bestimmte die Vorbereitung der FDGB-Bundesvorstandssitzung von Mitte August 1953. "Angesichts der vom Klassengegner lancierten Forderung auf ‚Neutralität' der Gewerkschaften und auf Trennung der Gewerkschaften von der Partei", erachtete es Warnke für notwendig, im Referat und in der Resolution dieser Tagung "die Führung und Bedeutung der Partei der Arbeiterklasse kräftig zu unterstreichen". Und "ohne daß bei uns ein Gruppenkampf einen besonderen Anlaß dazu gäbe", hielt es Warnke in schöner Offenheit schlichtweg für "zweckmäßig, im Referat und Entschließung einiges über die Geschlossenheit der Führung der Gewerkschaften zu sagen."27

Abrechnung I: Die 14. Bundesvorstandssitzung des FDGB vom 13.-15. August 1953

In der kurzen Vorbereitungszeit der Bundesvorstandssitzung wurde Herbert Warnke von der Zweckmäßigkeit der Konstruierung eines Gruppenkampfes auch im FDGB überzeugt. Wegen seines "opportunistischen Zurückweichen" vor faschistischen Provokateuren wurde der Vorsitzende der IG Metall, Hans Schmidt, vom Präsidium des FDGB auf der Sitzung am 10. August beurlaubt, ein provisorischer Leiter der Industriegewerkschaft eingesetzt und eilends eine Untersuchungskommission zum Fall Schmidt gebildet.28 Der Bericht dieser Kommission, Ergebnis einer dreitägigen Untersuchung, leitete nach dem Referat von Herbert Warnke die Diskussion auf der 14. Bundesvorstandssitzung ein. Schmidt habe im Zentralvorstand der IG Metall eine fraktionelle Gruppe gebildet, die eine eigene Plattform besaß, die gegen die Politik des Bundesvorstandes, seines Sekretariats und gegen das Präsidium gerichtet war, führte das Mitglied des Untersuchungsausschusses Horst Willim, Vorsitzender der IG Chemie, aus. Er sei vor den faschistischen Provokateuren zurückgewichen und habe statt dessen eine versöhnlerische, kapitulantenhafte Haltung gezeigt. Schmidt akzeptiere nicht die führende Rolle der Partei und stelle die Gewerkschaften über den Staatsapparat. Mit der Aufstellung weitergehender Forderungen habe er die Durchführung der Regierungsbeschlüsse unmöglich machen wollen. Zusammenfassend führte Willim aus:

"Hans Schmidt und seine Fraktion haben eine prinzipielle, feindliche Tätigkeit gegen die Einheitlichkeit und Geschlossenheit der Gewerkschaften durchgeführt, und das in einer Situation, in der die Gewerkschaften der größten Festigkeit bedürfen, um den neuen Kurs durchzuführen. Schmidt und alle, die ihm halfen, stellen sich damit direkt in die Reihen der Provokateure, die am 17. Juni Arbeiterfunktionäre niederschlugen, zu Gewaltakten aufriefen, Gewerkschaftshäuser plünderten und alles taten, um unsere Erfolge in der DDR zu vernichten. (...) Wir haben alle in einer großen Gefahr geschwebt."29 Keiner der 37 Redner stellte sich in der Diskussion hinter die plötzlich in die Schußlinie geratenen Kollegen, obwohl doch der selbst nicht anwesende Hans Schmidt zu diesem Zeitpunkt noch alle Vorwürfe bestritt. Im Gegenteil, eine Reihe von Bundesvorstandsmitgliedern blies ins gleiche Horn.

Es blieb dem FDGB-Bundesvorstandsmitglied Walter Ulbricht vorbehalten, die von Willim betonte Gefahr durch eine weltumspannende Feindlinie von Schmidt über Herrnstadt, Zaisser und Berija bis hin zu Churchill auszumalen. Um die illegalen Organisationen der feindlichen Agentenzentralen und insbesondere des Ostbüros, die durch die Gewerkschaft wirkten, zu zerschlagen, riet er den Gewerkschaftern, "muß man nur studieren, wer die sind, die die Vereinigung (von KPD und SPD, d. Verf.) nicht mitgemacht haben, man kommt an diejenigen heran, die zu dieser illegalen Organisation gehören."30 Drohend stieß er unter Bezugnahme auf das Forderungsprogramm der IG Bau/Holz in Richtung Franz Jahn aus: "Wir werden Euch schon noch lernen, wie man Gewerkschaftsarbeit durchführt! Das geht so nicht weiter. Das ist unmöglich."31

Völlig auf sich alleine gestellt, übte Franz Jahn Selbstkritik. Das Forderungsprogramm sei ein "ernster politischer Fehler" gewesen: "Wir beachteten nicht in genügendem Maße die Arbeit des Gegners, sondern suchten nach ökonomischen Ursachen, an denen der Gegner einhaken konnte. Zweifellos bestehen auf dem Bau eine Reihe von Unzulänglichkeiten, die wir im Laufe der weiteren Entwicklung des neuen Kurses Schritt um Schritt werden beheben müssen, die aber erst behoben werden können - und das ist uns heute völlig klar geworden, wenn die Positionen des Gegners restlos zerschlagen sind. Wir glaubten, durch das Beheben von Unzulänglichkeiten die Arbeit des Gegners zunichte zu machen. Das ist ein Irrtum und heißt, die Linie des Ökonomismus zu beziehen. (...) Wir sprechen klar aus, daß die Form und die Veröffentlichung dieses Programms ein grober politischer Fehler war, der uns erst mit dem Beschluß des 15. Plenums des ZK unserer Partei und der Referate der Genossen Grotewohl und Ulbricht klargeworden ist."32

Die Entschließung der 14. Sitzung rückte - wie von Ulbricht empfohlen33 - die Verbesserung der politischen Massenarbeit als Aufgabe der Gewerkschaften bei der Verwirklichung des neuen Kurses in den Vordergrund. Die Beschlüsse der Führung seien bisher zu schlecht erläutert, und deshalb mangelhaft durchgeführt worden; das sollte sich ändern. Daneben wurde die Kontrolle der Gewerkschaftsfunktionäre zur Verwirklichung der Betriebskollektivverträge als "Grundlage der gesamten Gewerkschaftsarbeit im Betrieb" hervorgehoben - und auf den gewerkschaftlichen Beitrag zur Erfüllung und Übererfüllung der Volkswirtschaftspläne hingewiesen. Beide Orientierungen kamen jedoch weder im Apparat noch an der Basis an. Eine "Einschätzung über die bisher durchgeführten Zentralvorstandssitzungen" stellte fest, daß "man den Betriebskollektivvertrag nicht mit allen Problemen (verbindet) und man merkt, daß die Zentralvorstände über den Stand der Erfüllung der BKV, der Schwächen, die in der Erfüllung auftreten, keine klare Übersicht besitzen".34

Auch die politische Massenarbeit der Gewerkschaft ließ eher zu wünschen übrig: "Die Diskussionsbeiträge von Betriebsfunktionären oder Funktionären der Zwischenleitungen sowie zentraler Funktionäre lassen erkennen, daß die Entlarvung von Provokateuren und ihre Entlassungen aus dem Betrieb schematisch vorgenommen wird, man noch sehr oft zurückweicht vor der Belegschaft und mit allen Belegschaftsmitgliedern über das schädliche Verhalten dieser Provokateure, die man entlassen hat, oder entlassen will, Aufklärung zu schaffen. Man erkennt noch nicht, daß dies ein Ausdruck der politischen Massenarbeit ist, man erkennt noch nicht die Notwendigkeit, die Arbeiter vom verbrecherischen Treiben faschistischer Provokateure zu überzeugen und schwankende und unklare Arbeiter in heißen Diskussionen zu gewinnen. Dieser Kampf als politische Massenarbeit zu führen, ist noch nicht zu alltäglicher Arbeit der Gewerkschaften in den Betrieben und in den Leitungen geworden. Man überläßt diese Aufgabe noch zum großen Teil der Partei der Arbeiterklasse."35

Exkurs: Stefan Heyms parteitreue "Forschungsreise in das Herz der deutschen Arbeiterklasse"

Rundreisen mehrerer sogenannter sowjetischer Arbeiterdelegationen durch die Großbetriebe der DDR waren ein Teil der nach der Bundesvorstandssitzung begonnenen "politischen Massenarbeit" zur Übertragung der von der Partei festgelegten "wahren" Hintergründe des 17. Juni. Ihre offizielle Zielsetzung sollte darin bestehen, "uns zu helfen, die Stimmung in den Betrieben zu klären und das Vertrauen zur Regierung, zur Partei und den Gewerkschaften zu festigen".36 Der Parteidevise "Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen" folgend gehörte dazu auch, den Betriebskollektivvertrag als "Bibel der Arbeiter" zu popularisieren und damit die betrieblichen Forderungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in ein systemakzeptables Korsett zu zwängen.

Mit der propagandistischen Aufbereitung der ersten Rundreise vom August 1953 betraute der FDGB den Schriftsteller Stefan Heym, der den Besuch der sowjetischen Delegation in einer FDGB-Broschüre zur "Forschungsreise in das Herz der deutschen Arbeiterklasse" erhob.37

Weder handelte es sich indes um eine "Forschungsreise" noch suchten die handverlesenen Mitglieder der Delegation - Stachanow-Höchstleistungsarbeiter, Stalin-Preisträger, Deputierte von Stadt- und Bezirksräten sowie des Obersten Sowjet, hochrangige Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre - tatsächlich "eine Erklärung für das, was geschehen war", wie Heym glauben machen wollte.38 Über die Hintergründe des 17. Juni reisten die Mitglieder der Delegation vielmehr mit fest umrissenen Vorstellungen an, wie eine Begrüßungsansprache von Pawel Bykow zeigte, einem Schnelldreher aus Moskau, der in den Jahren des Fünfjahrplanes 23 Jahresnormen erfüllt hatte:

"Die faschistischen Provokateure: der Bonner Kanzler Adenauer und der Minister Kaiser sammelten hitlerhörige Leute und das ganze faschistische Gesindel und versuchten durch Brandstiftungen und Pogrome einen Zusammenstoß zwischen dem deutschen und sowjetischen Volk zu provozieren und diese Völker in einen neuen Krieg zu stürzen. Mit diesen niederträchtigen Handlungen versuchten sie, die junge, friedliebende Deutsche Demokratische Republik abzuwürgen. Doch dies war nicht nur das Werk der Bonner Regierungshäupter. Die erste Geige spielten in dieser Angelegenheit die amerikanischen Imperialisten."39

In der Absicht, mit dem fälschlichen Glauben aufzuräumen, "daß ein wirklicher Zusammenhang zwischen den Normen und den Ereignissen am 17. Juni" bestand, und um "ein Ende zu machen mit der Blindheit den Hintergründen des 17. Juni gegenüber"40, stellte Heym seine "Forschungsreise" vollkommen in den Dienst der parteioffiziellen Propaganda. Am 17. Juni sei nicht weniger als "ein neuer Weltkrieg" abgewehrt worden, "den die Westmächte auszulösen beabsichtigten - ein Vernichtungskrieg mitten in Deutschland".41 Die Niederschlagung der "amerikanisch gelenkten Anschläge" verkaufte Heym entsprechend als "Freundschaftsdienst": "Die sowjetischen Soldaten in ihren Tanks haben tatsächlich den deutschen Arbeitern in der Deutschen Demokratischen Republik den größten Freundschaftsdienst erwiesen, den ein Arbeiter dem anderen erweisen kann, indem sie zu verhindern halfen, daß die Faschisten und Kapitalisten wieder an die Macht kamen - und indem sie diejenigen deutschen Arbeiter, die wie mit Blindheit geschlagen waren, davon abhielten, noch einmal wie 1933 und 1939 in ihr eigenes Unglück und ihren eigenen Untergang hineinzumarschieren."42

Die mit Blindheit geschlagene deutsche Arbeiterklasse solle ihre Möglichkeit nutzen, so die Botschaft Heyms, etwas Entscheidendes für den Frieden zu tun: "Mehr und besser produzieren und besser leben!" Die Arbeiter sollten die DDR zu einem "Musterstaat der neuen Gesellschaftsordnung" machen. Dabei könnten und sollten sie von der Sowjetunion lernen, wie man Normerhöhungen durchführt, die Arbeitsproduktivität steigert, den sozialistischen Wettbewerb organisiert und die Arbeiter für Neuerervorschläge und die Rationalisatoren-Bewegung begeistert.

Im Gegensatz zu Heyms Darstellung, der von einer "eisigen Wand" und dem "Mißtrauen" zwischen den deutschen Arbeitern und ihren "sowjetischen Freunden" nur schrieb, um mit ihrem angeblichen Verschwinden den Erfolg der Delegation zu illustrieren, scheinen die deutschen Arbeiter für derlei Ratschläge nicht besonders ansprechbar gewesen zu sein. Der interne FDGB-Abschlußbericht beklagte die generell geringe Teilnahme an den betrieblichen "Freundschaftskundgebungen". Die Parteileitung im Böhlener Braunkohlekombinat "Otto Grotewohl" hatte gar versucht, eine Verschiebung der Ankunft der sowjetischen Delegation zu erwirken, weil einige Funktionäre befürchteten, "man werde die sowjetischen Kollegen beim Betreten des Betriebes mit Eisenstücken bewerfen".43 An der Abschlußveranstaltung nahmen in diesem Werk nur 250 der 13.800 Beschäftigten teil, was intern als "Katastrophe" und "Schande" bezeichnet wurde.44

Auch von ihrer Wirkung her waren die Besuche ein Fehlschlag. So berichtete Herbert Warnke auf der 14. Tagung des FDGB-Bundesvorstandes, daß "sofort nach dem Besuch der Delegation alles wieder beim alten geblieben ist. (...) Man wurschtelt weiter."45

Abrechnung II: Die "Fälle" Jahn und Schmidt

Franz Jahns Selbstkritik reichte seinen Anklägern in der FDGB- und SED-Spitze nicht aus. Am 27. August bildete das FDGB-Präsidium eine Kommission zur Untersuchung der IG Bau/Holz, die im September in eine "kadermäßige Überprüfung des gesamten Apparates" mündete. Diese ergab, was schon vorher feststand, daß nämlich "der Vorsitzende Franz Jahn in hohem Maße auf die Positionen des Sozialdemokratismus geraten ist und eine solche Atmosphäre auch im Sekretariat verbreitete."46 Kein Wunder, denn Jahns Verfolger hatten herausgefunden, daß er seine hohe Allgemeinbildung "in den Jahren 1932 bis 1934 auf der bürgerlichen Universität in Leipzig erworben" hatte. Es sei zu beachten, "daß Franz Jahn 1933 ein führender Funktionär der sozialdemokratischen Jugend war, bei der Gründung der SAP (eine linkssozialistische Abspaltung der SPD, d. Verf.) in Sachsen mitwirkte und in der SAP eine führende Funktion ausübte." Schlußfolgerung der Kommission: Jahn habe "den Sozialdemokratismus heute noch nicht abgelegt".47

Es gehört zum Grundbestand stalinistischer Prozeßführung, den Angeschuldigten durch aufgezwungene Selbstbezichtigungen das Rückgrat zu brechen. So finden sich im Protokoll der "Anhörung" Jahns vor dem Präsidium folgende Äußerungen: "Wenn ich mir die Fehler des Forderungsprogrammes ansehe, welches der Ausgangspunkt für alle anderen Fehler ist, dann ist das ein Stück Wirksamwerden aus meiner gewerkschaftlichen Vergangenheit. Wenn ich mir überlege, daß man mit einem solchen Ballast, wie ich ihn zweifellos mit mir herumtrage, den ich noch nicht wirklich bis zuletzt überwunden habe, so muß ich sagen, daß mir die letzten Wochen nicht gerade leicht geworden sind. Wenn ich bedenke, daß ich mit solchen Fragen an den neuen Kurs herangegangen bin, so erkläre ich mir auch die Fehler, die ich gemacht habe. Ich bin zu einer ganz falschen Einstellung gekommen, ich glaubte, daß jetzt mehr oder weniger verschiedene Dinge aus der Vergangenheit restauriert würden. Das ist die Ursache für meine Fehler."48

Im Oktober schließlich war die IG Bau/Holz auf Linie gebracht. In einer Entschließung des Zentralvorstandes vom 22./23. Oktober hieß es unter der Überschrift "Der 17. Juni und die Fehler in der IG Bau/Holz":

"Die falsche Theorie des Sekretariats, besonders des Kollegen Jahn, daß die Ursachen der faschistischen Provokation in mangelhaften sozialen Zuständen auf den Baustellen zu suchen seien, führten zu der falschen Einschätzung des 17. Juni als eines vornehmlich ökonomischen Streiks, denen man mit ökonomischen Verbesserungen den Boden entziehen müßte.

Durch diese falsche Einschätzung, die einer eigenen Plattform gleichkommt, manövrierte sich das Sekretariat in die Lage eines eigenen Blockes gegen den Bundesvorstand des FDGB. Mit dem Forderungsprogramm und der Mißachtung der Hinweise und Forderungen des Bundesvorstandes zur Bekämpfung der faschistischen Provokateure und Agenten formierte sich praktisch das Sekretariat zu einer Opposition, die gegen den Bundesvorstand und gegen unsere Regierung auftrat."49

Das Sekretariat wurde umgebildet, Franz Jahn seiner gewerkschaftlichen Funktionen entbunden und in den Betrieb zurückversetzt. Die dem Zentralvorstand vorgelegte Entschließung war im Zentralkomitee der SED und im Sekretariat des FDGB diktiert worden.

Nicht besser erging es Hans Schmidt. Vom Präsidium des Bundesvorstandes wanderte seine Kaderakte zur Partei. In einer Stellungnahme vor der Betriebsparteimitgliederversammlung führte er aus: "Was zeigt dieser ganze Vorfall? Er zeigt, daß ich nicht genügend klassenverbunden bin und nicht ehrlich gehandelt habe. Das zeigt sich besonders in dem Verhalten in Jena und den Schwankungen, denen ich unterlag. Es zeigt sich, daß ich eine falsche Einstellung zur Kritik und Selbstkritik habe und somit ein überhebliches Verhalten hatte. Trotzdem mehrmals auf meine Fehler hingewiesen wurde, habe ich ungenügend an deren Überwindung gearbeitet. Ich war verblendet und entfernte mich von der Wirklichkeit."50 Schmidt erinnerte daran, daß schließlich er es gewesen sei, der im Parteiauftrag den Kampf um die Einheit und Reinheit der IG Metall bis 1950 an entscheidender Stelle geführt habe. Er verwahrte sich dagegen, als Arbeiter- und Gewerkschaftsfeind abgestempelt zu werden, räumte aber dem Protokoll zufolge ein:

"Mein Klassenbewußtsein muß entschieden gehoben werden, darum ist es notwendig, daß ich unmittelbar an der Basis arbeite. Das wird mir bei der Überwindung aller Fehler entschieden helfen. Die Partei urteilt hart, aber gerecht."51

Weil Schmidts Plattform die gleiche sei wie die von Herrnstadt und Zaisser, gegen die führende Rolle der Partei und gegen ihre Einheit gerichtet, und weil er sich "vom kleinbürgerlichen Karrieristen zum Doppelzüngler und zum offenen Feind der Arbeiterklasse" entwickelt habe, schloß die SED ihn am 16. September 1953 aus.52 Der Zentralvorstand der IG Metall enthob Schmidt am 1./2. Oktober 1953 von seiner Funktion und schloß ihm aus dem Zentralvorstand und dem FDGB aus. Vier weitere Mitglieder des Sekretariats wurden ebenfalls aus ihren Ämtern entfernt.

Konsequenzen und Folgen

Die IG Bau/Holz und die IG Metall, Jahn und Schmidt, waren nur die Spitze eines Eisbergs. Kaderumbesetzungen und Ablösungen nach dem 17. Juni sind aus sechs weiteren Gewerkschaften - der Gewerkschaft Gesundheitswesen, der IG Textil, Bekleidung, Leder, der IG Nahrung und Genuß, der IG Energie, der Gewerkschaft Kunst, der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung - und daneben aus zahlreichen Bezirksvorständen des FDGB bekannt. Alle Bestrebungen, von den wirklichen und durchaus antagonistischen Interessen der Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb auszugehen, wurden fortan im Keime erstickt oder als partei- und klassenfeindlich abgestempelt. Bringt man die damaligen Vorwürfe des ZK der SED und seines Sprachrohres, des Sekretariats des FDGB-Bundesvorstandes, auf einen Nenner, so zeigt sich folgendes:
  1. Alle von der Parteilinie abweichenden Interessenlagen - siehe die Forderungsprogramme - sind Angriffe auf die führende Rolle der Partei.
  2. Nicht der Schutz und die Interessen der Gewerkschaftsmitglieder dürfen der Ausgangspunkt für das Wirken der Gewerkschaften sein, sondern die Beschlüsse der SED. Anderenfalls droht die Ausschaltung wegen Sozialdemokratismus, Ökonomismus und Nurgewerkschaftertum.
  3. Eigene Programme der Industriegewerkschaften darf es nicht geben. Das wäre Blockbildung und Opposition, ja staatsfeindliches Handeln.
Partei, Staat und FDGB-Spitze nutzten die Situation, um Exempel mit langanhaltenden Wirkungen zu statuieren. Durch die öffentliche Auseinandersetzung mit der Leitung der IG Bau/Holz und der IG Metall sowie der exemplarischen Vorführung ihrer Vorsitzenden Jahn und Schmidt wurden allen anderen Gewerkschaften und ihren Funktionären unmißverständlich die Grenzen gewerkschaftlicher Tätigkeit aufgezeigt. Statt ihnen eine größere Selbständigkeit für die Vertretung der Mitgliederinteressen zuzuweisen, schalteten Partei- und FDGB-Spitze die Einzelgewerkschaften faktisch weitgehend gleich. Als Spätfolge wurde ihnen auf dem 4. FDGB-Kongreß im Juni 1955 das Recht auf eigene Satzungen entzogen und der Zentralismus vervollkommnet. In der Kaderpolitik ermöglichte die Einführung des Prinzips der Nomenklatur im Herbst 1953 eine bessere Kontrolle und Disziplinierung der führenden Funktionäre. Als Ersatz für den demokratischen Willensbildungsprozeß von unten nach oben baute das Sekretariat des Bundesvorstandes zur gleichen Zeit ein umfassendes Informations- und Berichtswesen auf, das die Staats-, Partei- und Gewerkschaftsspitzen über die Meinungen und Stimmungen der Mitgliedschaft in Kenntnis setzen und die Durchführung der Beschlüsse von oben nach unten kontrollieren sollte.

In der Folgezeit des 17. Juni wertete die SED den FDGB optisch als sozialpolitische Agentur und als Reisebüro, als "sozialen Verwaltungs-, Verteilungs- und Leistungsgiganten" auf.53 Als Stachel im Fleisch der SED wirkte der 17. Juni und die Erinnerung an ihn in den Folgejahren jedoch fort. Er war das Trauma der Partei, dessen Wiederkehr zu verhindern zur obersten Maxime der Wirtschafts- und Sozialpolitik der SED wurde - koste es, was es wolle. Der Lohn für diese Politik bestand in einer Arbeiterschaft, die fortan nicht mehr offen rebellierte - aber der Preis dafür stieg von Jahr zu Jahr.

[Quelle: Wolfgang Eckelmann/Hans-Hermann Hertle/Rainer Weinert, FDGB-Intern. Innenansichten einer Massenorganisation der SED, Berlin (Ost) 1990, S. 24-43.]


1 Der folgende Artikel wurde erstmals veröffentlicht in: Wolfgang Eckelmann/Hans-Hermann Hertle/Rainer Weinert, FDGB-Intern. Innenansichten einer Massenorganisation der SED, Berlin (Ost) 1990. Die Zwischenüberschriften wurden teilweise geändert, der Text durchgesehen und korrigiert.
2 Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, Bezirksvorstand Leipzig, Sekretariat, Analyse über die Ereignisse am 17. und 18. Juni 1953 im Bezirk Leipzig, Leipzig, den 17.7.1953, S. 8 (SAPMO-BArch, DY 34/301).
3 Beschluß des Sekretariats am 24.3.1953, Nr. S 247/53 (SAPMO-BArch, DY 34/3213).
4 Detaillierte Analysen der Arbeiterproteste am 16., 17. und 18. Juni, die Protestformen, ihr Umfang und ihre regionale Verbreitung sind in den letzten Jahren Gegenstand lokal- und regionalgeschichtlicher Untersuchungen geworden und sollen in diesem Rahmen nicht behandelt werden.
5 In einem vertraulichen Schreiben forderte der für Organisation im Bundesvorstand zuständige Sekretär Kurt Meier die ersten Vorsitzenden der Zentralvorstände und Bezirksvorstände des FDGB auf, innerhalb von drei Wochen Streikanalysen zu erarbeiten, "mit konkreten Schlußfolgerungen zur Wendung in unserer Gewerkschaftsarbeit". Einige dieser Analysen sind im ZGA erhalten. Auffällige Lücken in den Beständen, die vor allem die Beziehungen des FDGB zum Politbüro und Zentralkomitee der SED betreffen, lassen vermuten, daß ein Teil des Materials entweder nicht abgeliefert oder vernichtet wurde. Die folgende Darstellung beschränkt sich deshalb auf die Behandlung und Analyse einiger zentraler Schlüsseldokumente. (Vgl. SAPMO-BArch, DY 34/22/753/7657).
6 Gewerkschaft Land und Forst, Zentralvorstand, Teilbericht über die derzeitige Lage, Berlin, den 23.6.1953, S. 1/2 (SAPMO-BArch, DY 34/1731).
7 Betrifft: "Analyse über die Auswirkungen am 17. Juni 1953 im Organisationsbereich der IG Metallurgie, Berlin, den 15. Juli 1953, S. 8 (SAPMO-BArch, DY 34/22/753/7657).
8 Herbert Warnke, An alle Bezirksvorstände des FDGB, Fernschreiben vom 24.6.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/3646).
9 Vgl. Zentralvorstand IG Metall, Zusammenstellung der Betriebe, die am 17. Juni 1953 die Arbeit niederlegten, Berlin, den 27. Juli 1953 (SAPMO-BArch, DY 34/11/2348/4450).
10 Hans Schmidt, An alle Bezirksvorsitzenden der IG Metall, 22.6.1953, S. 1 (SAPMO-BArch, DY 34/11/2348/4450).
11 Ebda., S. 2.
12 Industriegewerkschaft Bau/Holz, Zentralvorstand, Grob-Analyse über die Arbeit der Gewerkschaftsleitungen in der Zeit der Entstehung und des Ausbruchs des faschistischen Abenteuers, Berlin, den 21.6.1953, S. 4/5.
13 Ebd., S. 56.
14 Forderungsprogramm der Industriegewerkschaft Bau/Holz, Anlage zum Beschlußprotokoll Nr. 36 der Außerordentlichen Sekretariatssitzung am Mittwoch, dem 8. Juli 1953, Beschluß Nr. S 123/53, S. 1 (SAPMO-BArch, DY 36/74).
15 Ebd., S. 2.
16 Herbert Warnke, Beschluß über die Neugestaltung der Wahlen der Gewerkschaftsleitungen in den Betrieben (Entwurf), Beschluß Nr. S 682/53 vom 8.7.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/4214).
17 Erklärung des Präsidiums des FDGB-Bundesvorstandes, Die Lage, der neue Kurs und die unmittelbaren Aufgaben der Gewerkschaften, Beschluß Nr. S 682/73 vom 7.7.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/4213).
18 Ebd., S. 3.
19 Erklärung des Präsidiums des FDGB-Bundesvorstandes, Die Lage, der neue Kurs und die unmittelbaren Aufgaben der Gewerkschaften, Beschluß Nr. S 665/53 vom 3.7.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/4213). - Eine dritte Fassung dieser Erklärung findet sich in den Materialien der Präsidiumssitzung vom 6. August, ohne daß darüber noch ein Beschluß herbeigeführt worden wäre.
20 Es wäre herauszufinden, ob diese Vorlage tatsächlich in das Politbüro eingebracht und dort behandelt wurde. Sie dient hier eher der Illustration des Diskussionsstandes in der FDGB-Spitze. Vgl. Sekretariatsvorlage (Entwurf), Beschluß des Politbüros der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands über die Erweiterung des Mitbestimmungsrechts der Arbeiter und Angestellten und der Rechte der Gewerkschaften, Beschluß Nr. S 682/53 vom 7.7.1953. Vgl. dort auch den Vorentwurf dieser Vorlage (SAPMO-BArch, DY 34/4213).
21 Vgl. Beschluß Nr. S 757/53 (SAPMO-BArch, DY 34/4217).
22 Vgl. Beschluß Nr. S 756/53 (SAPMO-BArch, DY 34/4217).
23 Präsidiumsvorlage P 34/53, S. 1 (SAPMO-BArch, DY 34/26009).
24 Auswertung der Präsidiumssitzung des Bundesvorstandes vom 15. Juli, Beschluß Nr. S 767/53 vom 21. Juli 1953, S. 1 (SAPMO-BArch, DY 34/4217).
25 FDGB-Bundesvorstand, Abteilung Löhne, Information über die Kollegiumssitzung vom 11.7.1953 im Ministerium für Arbeit, 13.7.1953, S. 2 (SAPMO-BArch, DY 34/4216).
26 Die Genossen im Präsidium des FDGB an das ZK der SED, 27.7.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/26009).
27 Herbert Warnke, An das Sekretariat des Bundesvorstandes des FDGB, 27.7.1953, S. 1/2 (SAPMO-BArch, DY 34/4218).
28 Auf der darauf folgenden Präsidiumssitzung am 13.8.1953 wurde beschlossen, eine Kommission des Präsidiums zur Vorbereitung der nächsten Zentralvorstandssitzung der IG Metall zu bilden. "Die Kommission soll den politischen Inhalt und die Neuwahl des Sekretariats vorbereiten." P 55/53 vom 13.8.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/26010).
29 Protokoll der Bundesvorstandssitzung vom 13. bis 15. August 1953, S. 7 (SAPMO-BArch, DY 34/26010).
30 Ebd., S. 237.
31 Ebd., S. 235.
32 Ebd., S. 37/38.
33 "Ihr müßt eine wirklich lebendige Massenarbeit durchführen, dann werdet ihr sehen, daß in sehr kurzer Zeit die Gewerkschaften wieder Autorität bekommen." Ebd., S. 240.
34 Einschätzung über die bisher durchgeführten Zentralvorstandssitzungen, Berlin, den 25.9.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/3213).
35 Ebd., S. 2.
36 Gesamtplan für die Solidaritätsdelegationen aus der Sowjetunion, o.D. (Juli/August 1953), S. 1 (SAPMO-BArch DY 34/2525).
37 Stefan Heym, Forschungsreise in das Herz der deutschen Arbeiterklasse. Nach Berichten 47 sowjetischer Arbeiter, hrsg. vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, Bundesvorstand, Abteilung kulturelle Massenarbeit, Berlin (DDR) 1953. - Noch 1988 verklärte Heym seine Propagandaschrift als "einzige soziologische Studie dieser Art nach dem 17. Juni". Einschränkend merkte er lediglich an, "daß es weder den Russen noch dem Schriftsteller S. H. in allen Fällen gelang, bis in das Innerste der Psyche ihrer Gesprächspartner vorzudringen"; diese, meint Heym, hätten sich "zumeist bedeckt" gehalten und, "die Panzer hatten da gewirkt", zu "Konzessionen an das Denken ihrer Besucher" geneigt. Vgl. Stefan Heym, Nachruf, Frankfurt/Main 1990 (Originalausgabe: München 1988), S. 586.
38 Heym, Forschungsreise ..., S. 3 und S. 49.
39 Ansprache von Pawel Bykow, in: SAPMO-BArch, DY 34/2525. - Ob angesichts solcher Äußerungen die nachteilige Reaktion des Publikums, von der im Abschlußbericht die Rede ist, allein auf die Schwäche der Dolmetscher zurückzuführen war, die "die Reden der sowjetischen Genossen nicht begeisternd genug übersetzten", darf getrost bezweifelt werden. Vgl. Abschlußbericht über die Moskauer Arbeiterdelegation, Berlin, den 9.9.1953, S. 1 (SAPMO-BArch, DY 34/2525).
40 Heym, Forschungsreise ..., S. 25 und S. 55.
41 Ebd., S. 68.
42 Ebd., S. 56.
43 Abschlußbericht über den Aufenthalt der sowjetischen Arbeiter-Delegationen in den Kombinaten Espenhain und Böhlen, Halle, 18.8.1953, S. 1 (SAPMO-BArch, DY 34/2525).
44 Ebd., S. 5.
45 Protokoll der Bundesvorstandssitzung vom 13. bis 15. August 1953, S. 360/61 (SAPMO-BArch, DY 34/26010).
46 Bericht der Kommission des Präsidiums des Bundesvorstandes des FDGB zur Untersuchung des Verhaltens des Sekretariats des Zentralvorstandes der IG Bau/Holz zum 17. Juni, Beschluß Nr. P 6253 vom 21.9.1953, S. 8 (SAPMO-BArch, DY 34/26011).
47 Ebd.
48 Anlage zu Beschluß Nr. P 6253 vom 21.9.1953, S. 9 (SAPMO-BArch, DY 34/26011).
49 Entschließung der 14. Zentralvorstandssitzung der IG Bau/Holz am 22. und 23. Oktober 1953, S. 3/4.
50 Stellungnahme Genosse Hans Schmidt, 25.8.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/45/98/5419).
51 Ebd., S. 11.
52 Vgl. Betriebsparteiorganisation, Zentralvorstand IG Metall, Stellungnahme der Parteileitung, Berlin, den 16.9.1953 (SAPMO-BArch, DY 34/45/98/5419).
53 Ulrich Gill, Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), Opladen 1989, S. 356.