Protokoll Nr. 37/53 der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees am 20. Juni 1953


Tagesordnung:
  1. Direktive für die Bezirke über die Behandlung von rückkehrenden Großbauern, Lehrern und Schülern der Oberschulen
  2. Änderung des Beschlusses vom 16. Juni 1953 über die Organisierung eines Stabes für die gesamten Polizeikräfte in Großberlin und der gesamten DDR
  3. Bestätigung der Materialien der Konferenz zur Vorbereitung der Ernte und der Materialien zur Durchführung des Beschlusses des Politbüros des ZK vom 9. Juni 1953
  4. Kreditgewährung für Klein-, Mittel- und Großbauern und Plan zur Anleitung und Hilfe für die wirtschaftliche Festigung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
  5. Aburteilung der bei den Ausschreitungen Verhafteten
  6. Kuraufenthalt der Genossin Martha Fischer
  7. Kuraufenthalt für den Genossen Kurt Wach und Frau
  8. Kuraufenthalt für die Genossin Hanna Wolf
  9. Kuraufenthalt für den Genossen Bernhard Quandt und Frau
  10. Antrag auf Rückkehr der Genossin Lotte Templer und Sohn und Walter Schulz aus der Sowjetunion
  11. Einsatz des Genossen Weinberger
Anwesende Mitglieder:
Grotewohl, Ulbricht, Ebert, Zaisser

Anwesende Kandidaten:
Jendretzky

Zur Sitzung hinzugezogen:
Zu Punkt 3 und 4: Jutta Joos, Kollege Scholz
Zu Punkt 5: Plenikowski

Sitzungsleitung: Grotewohl
Protokollführung: Ebert

Behandelt:
1. Direktive für die Bezirke über die Behandlung von rückkehrenden Großbauern, Lehrern und Schüler der Oberschulen

Beschlossen:
An die Bezirke ist folgende Information zu geben: "Aus verschiedenen Orten wird berichtet, daß Großbauern, Schieber und solche Lehrer und Oberschüler, die auf Grund des Beschlusses vom 9. Juni 1953 wieder an die Schulen zugelassen wurden, glauben, nunmehr freie Hand für staatsfeindliche Tätigkeit zu haben. Obwohl die frühere Politik des Druckes weder von der Partei noch von den staatlichen Organen weitergeführt werden darf, so sind doch gegen die feindlichen Elemente, die staatsfeindliche Handlungen begehen und gegen die Regierung der DDR auftreten, die Gesetze zur Anwendung zu bringen.

Behandelt:
2. Änderung des Beschlusses vom 16. Juni 1953 über die Organisierung eines Stabes zur Leitung für die gesamten Polizeikräfte in Großberlin und der gesamten DDR:

Beschlossen:
Der Beschluß vom 16. Juni 1953 über die Organisierung eines Stabes zur Leitung sämtlicher Polizeikräfte in Großberlin und der gesamten DDR wird in folgender Weise geändert:
a) Für die Leitung sämtlicher Polizeikräfte im Gebiet von Großberlin wird ein Stab gebildet, dem folgende Personen angehören:
Leiter: Waldemar Schmidt
Mitglieder: Willi Seifert, Kurt Wagner, Hans Fruck
b) Für die Koordinierung des Einsatzes sämtlicher Polizeikräfte in der DDR einschließlich Großberlin ist ein zentraler Stab zu bilden.
Leiter: Willi Zaisser
Mitglieder: Heinz Hoffmann, Karl Maron

Behandelt:
3. Bestätigung der Materialien der Konferenz zur Vorbereitung der Ernte und der Materialien zur Durchführung des Beschlusses des Politbüros des ZK vom 9.6.1953:

Beschlossen:
Folgende Dokumente werden bestätigt:
a) Merkblatt über die Planung der Produktion und Organisation der Arbeit in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
(Anlage Nr. 1) [handschriftlich:] nachträglich geschrieben.
b) Merkblatt über die Aufgaben der Maschinen-Traktoren-Stationen bei der Vorbereitung und Durchführung der Ernte
(Anlage Nr. 2) [handschriftlich:] nachträglich geschrieben.
c) Empfehlung über die Regelung der Ernteeinbringung und Verteilung der Ernte, der Winterkulturen, die von den werktätigen Bauern im Herbst 1952, vor ihrem Eintritt in die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, bestellt wurden. (Anlage Nr. 3) [handschriftlich:] nachträglich geschrieben.
d) Empfehlung zur Frage der Bildung und Verwendung des unteilbaren Fonds in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
(Anlage Nr. 4) [handschriftlich:] nachträglich geschrieben.
e) Entwurf einer Empfehlung zur Verteilung des Futters in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
(Anlage Nr. 5) [handschriftlich:] nachträglich geschrieben.
Verantwortlich für die Schlußredaktion, den Druck und den Versand bis 20. Juni 1953: Genossin Joos und Kollege Scholz

Behandelt:
4. Kreditgewährung für Klein-, Mittel- und Großbauern und Plan zur Anleitung und Hilfe für die wirtschaftlich-organisatorische Festigung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften:

Beschlossen:

1) Die Anweisung des Ministeriums der Finanzen über Kündigung von langfristigen Krediten an Großbauern wird bestätigt.
(Anlage Nr. 6)
2) Die Richtlinien der Deutschen Bauernbank für kurz- und langfristige Kredite an Einzelbauern werden bestätigt.
(Anlage Nr. 7)
3) Die Anweisung zur Freigabe der Konten von Republikflüchtigen, die in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und in den demokratischen Sektor von Großberlin zurückkehren, wird bestätigt.
(Anlage Nr. 8)
4) Die Anweisung an die Räte der Bezirke, Abteilung Finanzen, über die Zahlung einer Wirtschaftsbeihilfe an Republikflüchtige, die auf ihre Wirtschaften zurückkehren, Verordnung vom 11. Juni 1953, wird bestätigt.
(Anlage Nr. 9)
5) Die Anweisung des Ministeriums der Finanzen an die Deutsche Bauernbank wegen Anlaufkredite an Bauern, die in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zurückkehren und die Bewirtschaftung ihrer Höfe wieder aufnehmen, wird bestätigt.
(Anlage Nr. 10)
6) Das Schreiben des Präsidenten der Deutschen Notenbank zur Regelung der Rückzahlung der an den Staatshaushalt abgeführten Guthaben der beschlagnahmten Konten auf Grund der Verordnung vom 17. Juli 1952 wird bestätigt.
(Anlage Nr. 11)
7) Die Direktive über die Anleitung und Hilfe zur wirtschaftlichen und organisatorischen Festigung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften ist zu überarbeiten.

Behandelt:
5. Aburteilung der bei den Ausschreitungen Verhafteten:

Beschlossen:
Die Genossen Fechner und Melsheimer werden beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die im Zusammenhang mit den Ausschreitungen der letzten Tage Verhafteten ab Sonntag, den 21. Juni 1953, zur Aburteilung gelangen.

Behandelt:
6. Kuraufenthalt der Genossin Martha Fischer:

Beschlossen:
Das ZK der KPdSU wird gebeten, der Genossin Martha Fischer, Leiterin der Stalin-Abteilung des Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institutes beim ZK der SED, einen Kuraufenthalt in der Sowjetunion zu gewähren.

Behandelt:
7. Kuraufenthalt für den Genossen Kurt Wach und Frau:

Beschlossen:
Der Antrag auf Kuraufenthalt für den Genossen Kurt Wach und Frau, Minister für Handel und Versorgung, in der Sowjetunion, wird abgelehnt.

Behandelt:
8. Kuraufenthalt für die Genossin Hanna Wolf:

Beschlossen:
Der Kuraufenthalt für die Genossin Hanna Wolf in der Sowjetunion wird abgelehnt.

Behandelt:
9. Kuraufenthalt für den Genossen Bernhard Quandt und Frau:

Beschlossen:
Der Kuraufenthalt für Genossen Bernhard Quandt und Frau in der Sowjetunion wird abgelehnt.

Behandelt:
10. Antrag auf Rückkehr der Genossin Lotte Templer und Sohn und Walter Schulz aus der Sowjetunion:

Beschlossen:
Das ZK der KPdSU wird gebeten zu gestatten, daß die Genossin Lotte Templer sowie ihr Sohn Alfred Templer und der Genosse Walter Schulz aus der Sowjetunion in die deutsche Demokratische Republik zurückkehren dürfen.

Behandelt:
11. Einsatz des Genossen Weinberger:

Beschlossen:
Genosse Bernd Weinberger, jetzt Minister im Ministerium für Transportmittel- und Landmaschinenbau, wird wieder als Leiter des Amtes für Reparationen eingesetzt.

O. Grotewohl

Anlage Nr. 8 zum Protokoll Nr. 37/53 vom 20. Juni 1953

A n w e i s u n g

zur Freigabe der Konten von Republikflüchtigen, die in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und den demokratischen Sektor von Groß-Berlin zurückkehren.

  1. Alle Konten, die auf Grund der Verordnung vom 17.7.1952 zur Sicherung von Vermögenswerten beschlagnahmt worden sind, sind dem Eigentümer bei Rückkehr in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik oder den demokratischen Sektor von Groß-Berlin freizugeben.
  2. Die Freigabe des Kontos erfolgt auf mündlichen oder schriftlichen Antrag des Kontoinhaber bei dem Kreditinstitut, bei dem das Konto geführt wurde, und in der Höhe, in der das Konto beschlagnahmt wurde.
  3. Der Antragsteller muß nachweisen, daß er seinen ständigen Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik oder dem demokratischen Sektor von Groß-Berlin genommen hat.
  4. Das kontoführende Bankinstitut hat den freigegebenen Kontobetrag am Tage des Nachweises des berechtigten Anspruchs zur Verfügung zu stellen und fordert ihn von der Deutschen Notenbank, Kreisniederlassung, in der Höhe an, in der er an den Haushalt abgeführt worden ist.
  5. Für die Kontoführung ist unbedingt das alte Konto weiter zu verwenden. Die Revisionsorgane der Banken werden angewiesen, die ordnungsgemäße Weiterführung der Konten zu überprüfen.
  6. Die Verzinsung der Konten beginnt am Tage der Antragstellung durch die Kontoinhaber.


/Kn.

Anlage Nr. 11 zum Protokoll Nr. 37/53 vom 20. Juni 1953

Betr.: Rückzahlung der an den Staatshaushalt abgeführten Guthaben der beschlagnahmten Konten auf Grund der Verordnung vom 17.7.1952 - § 1 -

Auf Grund der Verordnung des Ministerrates vom 11. Juni 1953 über die in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und des demokratischen Sektors von Groß-Berlin zurückkehrenden Personen erhalten diese Personen das auf Grund der Verordnung vom 17.7.1952 - § 1 - zur Sicherung von Vermögenswerten beschlagnahmte Eigentum zurück. Die bei den Kreditinstituten unterhaltenen Konten sind somit mit dem Tage der Rückkehr wieder freigegeben. An die übrigen Geldinstitute sind Anweisungen ergangen, die entsprechenden Maßnahmen zu treffen. Die kontenführenden Geldinstitute sind verpflichtet, den nach der Beschlagnahme an den Staatshaushalt abgeführten Betrag bei der Deutschen Notenbank zurückzufordern.

Ich bitte Sie, die entsprechenden Weisungen zu erteilen, daß den anfordernden Geldinstituten sofort aus einem vom Staatshaushalt bereitgestellten Sonderfonds die Beträge von ihren Niederlassungen erstattet werden.

[Quelle: SAPMO-BArch, DY 30/J IV 2/2/291.]