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April 1953 - Teil 5

Im ZK-Sekretariat der SED wird am 23. April der Tagesordnungspunkt "Analyse der gegnerischen Hetze (...) und Vorschläge für die Gegenpropaganda" behandelt. Die folgenden Themen sollen in den kommenden Wochen in den Mittelpunkt der SED-Propaganda gestellt werden: die "Verschlechterung der Lage der Werktätigen in Westdeutschland", die "Überfremdung" der westdeutschen Wirtschaft mit amerikanischen Kapital, die "Enthüllung der Geheimgespräche" von Adenauer und Eisenhower, die "Entlarvung der rechten SPD-Führung" sowie die zunehmende "Faschisierung" Westdeutschlands.

Vor allem aber soll die DDR in besserem Licht erscheinen. Besonders hat die Genossen im ZK-Sekretariat ein Artikel der britischen Tageszeitung "The Daily Telegraph" vom 13.4.1953 über eine angebliche Hungerkatastrophe in der DDR in Erregung versetzt. Deshalb soll vor allem die Landwirtschaftspolitik der SED besser dargestellt werden.

Ebenfalls am 23. April beschliesst das Sekretariat des SED-Zentralkomitees die Aktion "Industriearbeiter aufs Land". Damit sollen einerseits dringend benötigte Arbeitskräfte für die Landwirtschaft gewonnen, andererseits auch das "Klassenbündnis" zwischen Arbeitern und Bauern gefestigt werden. Gleichzeitig wird den volkseigenen Betrieben empfohlen, Patenschaften mit Produktionsgenossenschaften abzuschließen.

Am 27. April unternimmt das Ministerium für Staatssicherheit den ersten umfassenden Versuch, sich auf dem Lande strukturell zu verankern. In seiner Anweisung Nr. 10/53 an alle MfS-Bezirksverwaltungen befiehlt Erich Mielke, dass alle Politischen Abteilungen in den Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) mit einem legendiert arbeitenden Mitarbeiter des Ministeriums als stellvertretendem Leiter zu besetzen sind.

MfS-Anweisung Nr. 10/53 vom 27. April 1953

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Am 29. April erklärt der britische Premierminister Winston Churchill, dass er über die Aufnahme informeller Gespräche mit den Sowjets auf höchster Ebene, die zu "ernsthaften business-like-Verhandlungen führen würden", sehr froh sein werde.

Hintergrund dieses Gesprächsangebotes ist eine programmatische außenpolitische Ansprache Eisenhowers vom 15. April, in der der amerikanische Präsident einen Friedensappell an die Sowjetunion richtet. Die einzige Frage, von der ein Fortschritt abhänge, sei: "Was will die Sowjetunion tun?"

In einem der Rede Eisenhowers gewidmeten Leitartikel der "Prawda" heisst es daraufhin am 25. April, dass die sowjetische Seite zur "freundschaftlichen Regelung von Streitfragen" sowohl "im Wege direkter Verhandlungen als auch erforderlichenfalls im Rahmen der Organisation der Vereinten Nationen" bereit seien.

Vertraulichen Notizen eines Bonner Diplomaten in Paris zufolge kommt die NATO auf einem Außenministertreffen (23.-25. April) zu den Schlussfolgerungen: "A) Die russischen ‚Versuchsballons' der letzten Zeit stellten lediglich eine Veränderung in der Taktik, nicht aber der Strategie Moskaus dar. B) Der Westen werde zwar jeden weiteren ‚Versuchsballon' genauestens prüfen, jedoch sähen die NATO-Mächte vorerst keinerlei Anlass, ihre Politik des Zusammenschlusses und der Aufrüstung zu verzögern oder gar zu ändern."

Das SED-Politbüro hat bereits Mitte April nicht weniger als 70 Losungen zum 1. Mai 1953 beschlossen. Die FDGB-Zeitung "Tribüne" gibt auf die selbstgestellte Frage, wie die "Werktätigen" die Grundlagen des Sozialismus noch schneller schaffen können, die Parole aus: "Mit höheren Normen dem 1. Mai entgegen!"

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