"Wie die technisch begründete Arbeitsnorm zustande kommt"



Unter den technischen Normen sind zu unterscheiden technisch begründete Arbeitsnormen, technisch begründete Materialverbrauchsnormen, technisch begründete Maschinenbelastungsnormen und technisch begründete Energieverbrauchsnormen. Sie alle stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Ein großer Fehler war bisher, technisch begründete Arbeitsnormen aufzustellen, ohne auf die technischen Normen der weiteren drei Gebiete zu achten. Es ist an der Zeit, die technische Normung zu dem werden zu lassen, was sie sein soll, nämlich zum wichtigsten Instrument der sozialistischen Arbeitsorganisation.

Kollege Rakow hat ganz recht in seinem Artikel "Technisch begründete Arbeitsnormen richtig ausarbeiten" ("Die Arbeit", Heft 9), wenn er schreibt: "Die Arbeiter in den volkseigenen Betrieben sind nicht gegen die Einführung technisch begründeter Arbeitsnormen, aber sie verlangen - und das mit Recht - daß sie über die Grundsätze der Arbeitsnormung unterrichtet werden und daß sie sehen können, wie diese Normen zustande kommen." Aber das ist ja gerade die Schwierigkeit, wie sollen denn die Arbeitsnormen ausgearbeitet werden?

Kollege Rakow hat ganz recht in seinem Artikel "Technisch begründete Arbeitsnormen richtig ausarbeiten" ("Die Arbeit", Heft 9), wenn er schreibt: "Die Arbeiter in den volkseigenen Betrieben sind nicht gegen die Einführung technisch begründeter Arbeitsnormen, aber sie verlangen - und das mit Recht - daß sie über die Grundsätze der Arbeitsnormung unterrichtet werden und daß sie sehen können, wie diese Normen zustande kommen." Aber das ist ja gerade die Schwierigkeit, wie sollen denn die Arbeitsnormen ausgearbeitet werden?

Bekannt ist, daß die Ausarbeitung der Normen auf Grund der im Gesetzblatt Nr. 64 veröffentlichen Richtlinien zu geschehen hat. Damit sind aber bei weitem nicht alle Unklarheiten in bezug auf die technische Ausarbeitung beseitigt. Kollege Rakow führt in seinem Artikel eine Reihe von Schwächen auf, ohne jedoch eine grundlegende Klärung zu schaffen. Er spricht vom Leistungsgradschätzen, das in den Raw mit Beginn der TAN-Arbeit abgelehnt wurde, und will dafür etwas Neues bringen. Er schreibt wörtlich: "Es wird in den Richtlinien allerdings noch keine neue Methode angegeben. Das ist offenbar ein großer Mangel, zumal hierfür ausgezeichnete Hinweise in der Übersetzung der Werke von Professor Punski und Begidschanow enthalten sind. Demnach kann die Leistungsbewertung der Arbeiter nach ihrer prozentualen Normenerfüllung erfolgen. Das heißt: nicht die subjektive Einschätzung der ‚Bewegungsgeschwindigkeit' (‚Leistungsgrad') eines Arbeiters durch den TAN-Bearbeiter wird als Leistungsbewertung für die Normenberechnung zugrunde gelegt, sondern seine durchschnittliche Normerfüllung. Sofern keine Normenschiebungen vorliegen, ist die Höhe der Normübererfüllung ein durchaus objektiver und zuverlässiger Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsproduktivität und der Arbeitsleistung eines Arbeiters und damit auch eine Grundlage für die Berechnung der Arbeitsnorm. Daraus ergibt sich, daß bei der Berechnung der Zeitnorm für Einzelarbeiter oder Kleinserien, die nur von einem Arbeiter ausgeführt werden, von den Bedingungen am Arbeitsplatz und von der Arbeitsproduktivität dieses Arbeiters ausgegangen werden muß und die Höhe der Zeitnorm so festzulegen ist, daß dieser Arbeiter wieder seine bisherige durchschnittliche Normerfüllung bzw. Übererfüllung erreichen kann."

Rakow bringt dann ein interessantes Rechenbeispiel: "Ein Arbeiter benötigt zum Drehen einer Welle bisher 50 Minuten und erfüllte seine Norm mit durchschnittlich 140 Prozent." Er rechnet also für die Welle

50 x 140 / 100 = 70 Minuten

Durch Einführung einer Verbesserung werden die technischen Bedingungen verändert. Er benötigt nur noch 40 Minuten reine Arbeitszeit, und erhält dann als Zeitnorm

40 x 140 / 100= 56 Minuten

Er kann also trotz der erhöhten Norm dies wieder mit 140 Prozent und mehr übererfüllen und hat keine Lohnminderung.
Diese Methode ist gut, sie setzt aber voraus, daß erst einmal eine einwandfreie TAN aufgestellt sein muß; denn sonst wirkt sie hemmend auf die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Sie kann auf keinen Fall bei der großen Anzahl von vorläufigen Arbeitsnormen angewendet werden und auch nicht auf einen Teil der als TAN bezeichneten Normen. Außerdem kann diese Methode nur dort zur Anwendung kommen, wo nur ein Mann mit diesen Normen arbeitet. In einer Brigade muß dieses System scheitern oder man muß zum arithmetischen Mittel greifen. Einzelnormen haben wir jedoch in unseren Reichsbahnausbesserungswerken sehr wenig. Um wirklich mit allen alten Systemen, die mehr oder weniger einen Abklatsch aus kapitalistischer Zeit darstellen, Schluß zu machen, muß man völlig neue Richtlinien herausgeben. Der erste Schritt ist bereits getan. In allen Reichsbahnausbesserungswerken fanden eingehende Seminare statt, wobei die neue Linie der technischen Normung, die auf den Erfahrungen der Sowjetunion beruht, beraten wurde. Zur weiteren Vertiefung werden alle TAN-Leiter nochmals 14tägig geschult. Als Grundlage wird das Heft "Grundfragen der technischen Normung" von Lyslow benutzt. Des weiteren ist das Heft Nr. 5 der Schriftenreihe für den Parteiarbeiter von A.W. Neschto "Die Einführung fortschrittlicher Methoden der Produktionsorganisation und einer fortschrittlichen Technologie" studiert worden. Diese grundsätzliche Aufklärungsarbeit muß, wenn sie von Erfolg gekrönt sein soll, auch von der Gewerkschaft und von der Partei übernommen werden. Allerdings muß aber auch von allen Stellen nach einer einzigen, grundsätzlichen Methode gearbeitet werden, und es kann nicht angehen, daß die Hauptabteilung für Arbeit bei der GdR andere Richtlinien und Seminarpläne an die Dienststellen sendet als die Abteilung Arbeit der Gruppe Raw.
Pries, GdR, Abt. V



[Quelle: Fahrt Frei. Die Wochenzeitschrift der Deutschen Eisenbahner, 22. Oktober 1952, Nr. 43, S. 4.]